Diskussionsbeitrag zum Geld des Staates und zum Giralgeld der Banken: Lassen sich Geld und Geldersatz noch unterscheiden?
Eine Zuschrift erhebt Einspruch gegen den Abschnitt 1b im Artikel Finanzkapital III (GegenStandpunkt 1-10, S. 53-56), wo die Leistung der politischen Macht für die Giralgeldschöpfung der Banken und damit das Verhältnis des von der Zentralbank emittierten gesetzlichen Zahlungsmittels zum privaten Buchgeld abgehandelt wird. Auf der Basis, dass das Geld, mit dem im heutigen Kapitalismus gewirtschaftet wird, kein von Bergwerksarbeit geschaffenes Äquivalent der Warenwerte mehr ist, sondern so oder so ein Zeichen für die ökonomische Zugriffsmacht, die früher von einem Stück Edelmetall vergegenständlicht worden ist, kann der Autor gleich gar keinen Unterschied mehr sehen zwischen dem Staatsgeld und dem in Buchungsakten wirksamen Geldersatz, mit dem die Banken den Zahlungsverkehr der Gesellschaft abwickeln.
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Diskussionsbeitrag zum Geld des Staates und zum Giralgeld der Banken: Lassen sich Geld und Geldersatz noch unterscheiden?
Eine Zuschrift erhebt Einspruch gegen den Abschnitt 1b im Artikel Finanzkapital III (GegenStandpunkt 1-10, S. 53-56), wo die Leistung der politischen Macht für die Giralgeldschöpfung der Banken und damit das Verhältnis des von der Zentralbank emittierten gesetzlichen Zahlungsmittels zum privaten Buchgeld abgehandelt wird. Auf der Basis, dass das Geld, mit dem im heutigen Kapitalismus gewirtschaftet wird, kein von Bergwerksarbeit geschaffenes Äquivalent der Warenwerte mehr ist, sondern so oder so ein Zeichen für die ökonomische Zugriffsmacht, die früher von einem Stück Edelmetall vergegenständlicht worden ist, kann der Autor gleich gar keinen Unterschied mehr sehen zwischen dem Staatsgeld und dem in Buchungsakten wirksamen Geldersatz, mit dem die Banken den Zahlungsverkehr der Gesellschaft abwickeln. Hier seine längere Einlassung in Auszügen:
„Ich verstehe die Sache mit dem Ersatzmittel nicht: Warum Geldersatz? Es kann alles, was Geld kann. Es erfüllt alle Geldfunktionen und man kann, wenn es angewendet wird, auch nicht am Resultat erkennen, ob es nun Geld (Banknote) oder Geld (Buchgeld, Kredit...) war. ...
Das Geld verwandelt sich beständig in seine zwei Formen: Banknotenform und Buchgeldform, ohne dass eine seiner Funktionen dadurch beeinträchtigt würde. Wenn mit Kredit herbeigehebelter Geschäftserfolg eintritt, muss dieser dann in Banknoten gewechselt werden? Er ist doch von seinem Beginn und von seinem Ende her ‚bloß‘ Buchgeld, einmal als minus, dann als plus. (beides lässt sich in Banknoten umtauschen bei Bedarf: Bargeldabhebung vom Kreditkonto oder vom Haben-Konto).
Die Banknotenform ist die Geldform, die die Geschäftswelt und auch der Staat zunehmend als unpraktisch empfinden. Allerorts wird mit Plastikgeld = Buchgeld bezahlt, sodass es sogar möglich erscheint, dass in Zukunft überhaupt kein Banknotengeld mehr verwendet wird. Ist dann nur mehr Geldersatz unterwegs, in dem der gesamte Reichtum der Gesellschaft gezählt wird?
Die Trennung erscheint wie eine unnötige Übung. WENN der Staat die Geldmaterie (im Sinne einer (arbeits-)werthaltigen Substanz) abschafft, dann erscheint es nicht unlogisch oder unmöglich, dass er die Geldschöpfung qua Rechtsakt (Gewalt) auch weiterdelegiert an die Finanzwelt und dann bezüglich des Erfolgs beäugt und begutachtet. Damit beschäftigt sich ja auch der Rest des Artikels, allerdings laviert er dann auf Basis dieser unnötigen Trennung in Geld und Geldersatz herum mit ‚Kredit‘, ‚Kreditzeichen‘, ‚Kreditgeld‘, ‚Geldzeichen‘, dass der Leser sich gar nicht mehr recht auskennt und die Frage übrigbleibt, was denn jetzt tatsächlich den Reichtum der Gesellschaft ausmacht.
Wenn der Staat mit Einführung der Zentralbanknote sehr
wuchtig, gewaltig und mit Gewalt die Zugriffsmacht AUF
den dinglichen Reichtum ALS abstrakten Reichtum zum Zweck
macht und somit nur folgerichtig diesen Zweck ohne
Arbeitsprodukt als Materie auskommen lässt, warum dann
sich auf die Suche machen nach Geld-ERSATZ. Wo er ja
gerade festgestellt hat, dass es reicht, wenn ER EURO
hintendran schreibt und seine Gesellschaft drauf
verpflichtet. Hinter dem Geldersatz
steht ja auch
EURO und nicht PSEURO. Und er lässt das zu. Zuerst
kriminalisiert er die private Banknote, dann legalisiert
er die Gelddruckerei der Banken, indem er ihnen seinen
Namen gibt, als Buchgeld realisiert. ...
Denn der mit dem unwirklichen Geld erwirtschaftete warenförmige Reichtum wird dann doch nur in Form von Buchgeld versilbert. Die Erklärung bleibt schuldig, wo sich die Metamorphose in echtes Geld abspielt. Sobald der Kredit in getätigtes Geschäft umschlägt, oder sobald der Kreditnehmer mit dem Buchgeld(ersatz) einkaufen geht?
Das für die Zirkulation notwendige Bargeld wird es wahrscheinlich in einigen Jahren genauso wenig geben wie die Geldware Gold. Wo ist dann das echte Geld, wenn es nur mehr Falschgeld/Buchgeld/Geldersatz gibt?...
Aber darauf – auf die gegenständliche Form – kommt es nicht an. (Auch in der Krise nicht.) Das ist ein gedankliches Überbleibsel der Geldmaterie. Wer A sagt, muss auch B sagen: Bankkredit IST Geld.
Und es stimmt doch faktisch nicht: Ich HABE mit meinem Plastikgeld Verfügungsmacht über den Inhalt des Zigarettenautomaten! Plastik ist auch ein Gegenstand. Die ‚gegenständliche Form‘ der Banknote klingt wie etwas, woran man sich noch unbedingt anhalten möchte: als ob ein Zettel Papier eine (Verfügungs-)Macht hätte! Das Plastikgeld ist genauso Träger dieser Macht wie die Banknote.
Das Zentralbankgeld hat ja eben auch keine Entsprechung mehr zu irgendeinem ‚tatsächlichen‘ ‚werthaltigen‘ Produkt. ...
Vielleicht kommen wir ohne hegelianische Ableitung der ‚Identität‘ aus, aber eine Identität ist doch was anderes als Geld und Geldersatz. Dann ist es wohl dasselbe. In seiner Werdung unterschiedlich (einmal bankgeschöpft, einmal staatsgeschöpft), aber im Resultat dasselbe Ding: EURO. Die Unterscheidung in Zentralbankgeld und bankgeschöpftem Geld ist keine in Hinblick auf ‚echt‘ und ‚Ersatz‘, sondern in Hinblick auf die Herkunft. Ansonsten ist kein Unterschied.
Und von den Worten her kenn ich mich schon wieder nicht aus: Oben haben wir Geld vs. Geldersatz, dann haben wir GeldZEICHEN. Was ist das jetzt wieder? Zeichen wofür? Bitte nicht falsch verstehen: Es geht nicht um Wortklauberei, aber der Artikel legt selbst auf die (m.E. falsche) Unterschiedlichkeit der Begriffe so wert. Wenn man in die Runde fragt nach Erklärungen von und Unterschiede zwischen den Begriffen Geld, Geldersatz, Geldzeichen, Kreditgeld, Kreditzeichen kriegt man soviel Antworten wie Leute anwesend sind. Das ist bei anderen Themen nicht so.“
Weil beide Formen des Geldes keine Entsprechung mehr
zu irgendeinem ‚tatsächlichen‘ ‚werthaltigen‘ Produkt
haben, kennt der Autor des Einspruchs gar keinen
Unterschied mehr zwischen dem Geld der Notenbank und dem
Buchgeld der Banken. Ihm bleibt daher ebenso dunkel,
warum der Staat den Banken überhaupt die Emission von
privaten Noten verbietet und das Monopol darauf seiner
Nationalbank reserviert, wie ihm die rechtlich geregelte,
geschäftliche Interaktion der Zentralbank mit den
Privatbanken, das Stützen, Ineins-Setzen und Beglaubigen
des privat geschaffenen Giralgelds durch das Geld des
Staates ein Rätsel bleibt. Dieser Verkehr, mehr noch als
der aber unser Text, erscheint ihm als ein Herumlavieren,
ein überflüssiges Beackern einer Scheinschwierigkeit, die
er nicht sieht: Wo alles Geld relativ zum Metallgeld
früherer Jahrhunderte Geldersatz ist und dennoch die
Geldfunktionen erfüllt, verliert das Wort „Geldersatz“
für ihn jede Bedeutung.
1.
Es stimmt ja, dass die Banken durch das Abbuchen und Gutschreiben von Euro-Beträgen auf Konten ihrer Kunden den Zahlungsverkehr der Gesellschaft und alle dabei anfallenden Geldfunktionen erledigen – und das endgültig: Der Kunde könnte rechtlich zwar darauf bestehen, dass ihm das Guthaben auf seinem Konto in staatlichen Banknoten ausgezahlt wird; er will es aber nicht. Denn er verwendet das Guthaben, über das er verfügen und mit dem er per Überweisung Zahlungen tätigen kann, selbst als Geld. Bar kann er allenfalls kleine Beträge für tägliche Einkäufe brauchen – und auch das in abnehmendem Maß, weil sogar Mini-Zahlungen immer mehr mit Debit- und Kreditkarten erledigt werden.
Dennoch ist das Giralgeld, das vom Zahlungspflichtigen zum Empfangsberechtigten fließt, Geldersatz: Wenn die Bank mit Plus und Minus die Resultate des Zahlungsverkehrs verbucht, tut sie das auf Konten, auf denen Geld vermerkt ist, das Kunden ihr zur Verwaltung und bankmäßigen Nutzung überlassen haben. Die Beträge auf diesen Konten sind Schulden der Bank gegen Kunden. Wenn sie für diese Zahlungen tätigt, vergrößert sie durch eine Buchung ihre Schuld gegen den einen Kunden und vermindert durch dieselbe Buchung ihre Schuld gegen einen anderen. Sofern Auftraggeber und Empfänger der Zahlung Kunden verschiedener Banken sind, entstehen darüber Schuldverhältnisse zwischen Banken, Zahlungspflichten sowie Forderungen, die diese wiederum auf Konten vermerken, zum größten Teil gegen gegenläufige Buchungen verrechnen, den Rest saldieren oder einander gegen Zinsen stunden. Am Charakter des Giralgelds ändert das nichts.
Die Kunden behandeln Guthaben bei der Bank als Geld, das sie haben und nutzen können, und fordern es daher nicht zurück – solange die Zahlungsfähigkeit der Bank selbst außer Frage steht. Kommen da aber Zweifel auf, dann wird noch so untheoretischen Konto-Inhabern schlagartig der Unterschied zwischen Geldersatz und Geld klar: Sie bilden lange Schlangen vor Bank-Filialen – wie im Herbst 2008 vor der britischen Northern Rock – und fordern die Auszahlung ihrer Guthaben; sie verlangen, die Schulden, die die Bank ihnen gegenüber hat, in – jetzt – echtes Geld verwandelt zu bekommen. Sie haben verstanden, dass das Guthaben bei einer Bank ein Anspruch auf Geld ist und nicht selbst Geld; oder umgekehrt, dass die Bank mit dem Verweis darauf, dass sie für ihre Verbindlichkeiten jederzeit einstehen kann, den ganzen Zahlungsverkehr mit Zahlungsversprechen bewältigt und sich dadurch die Zahlung des geschuldeten Geldes erspart. Sie hat – so unsere Wortwahl – Geldfunktionen mit Zeichen für den Kredit erledigt, den sie bei der Gesellschaft genießt. Dieser Geldersatz heißt daher Kreditzeichen.
2.
Wo er eine Differenz zwischen Staatsgeld und privatem
Giralgeld gelten lässt, grenzt der Autor des Leserbriefs
beide verkehrt gegeneinander ab: Ihr Unterschied sei
nicht der zwischen „echt“ und „Ersatz“, sondern einer
im Hinblick auf die Herkunft. Ansonsten ist kein
Unterschied.
Mit Herkunft spricht er den
entscheidenden Punkt an und erklärt ihn zugleich für
belanglos.
In Europa und den USA sprechen die Regierungen im Herbst 2008 unbegrenzte Garantien für die Einlagen der Bürger auf Spar- und Girokonten der Banken aus. Mitten in der Finanzkatastrophe sichert die Staatsmacht die Zahlungsfähigkeit der Banken, indem sie ihnen einen unbedingten Zugang zum Notenbank-Geld eröffnet. Ohne eine solche Garantie wäre mit dem Kredit der Banken der Zahlungsverkehr der Gesellschaft zusammengebrochen; das in Form von Guthaben existierende Geldvermögen der Bevölkerung wäre annulliert worden. Ein Machtwort der Regierungen rettet den bargeldlosen Zahlungsverkehr und die Geldvermögen der Gesellschaft dadurch, dass es die Austauschbarkeit der Giralgeld-Beträge auf Bankkonten gegen das offizielle Staatsgeld gewährleistet.
Das kann der Staat, weil sein Geld kein Zahlungsversprechen ist, das erst noch einzulösen wäre; jedenfalls prinzipiell einlösbar sein muss, um auch als bloßes Versprechen Geldfunktionen erfüllen zu können. Papierzettel, die die Staatsbank emittiert, sind „gesetzliche Zahlungsmittel“, deren Gebrauch den Bürgern bei Strafandrohung vorgeschrieben ist: Diese Zettel müssen als endgültige Befriedigung aller möglichen finanziellen Ansprüche akzeptiert werden. Ihre fetischartige Kraft beziehen sie aus dem Gewaltmonopol, das der Staat über die Gesellschaft ausübt und mit dem er sie auf Eigentum, Austausch und die Benutzung seiner Geldzeichen verpflichtet. Das Geld selbst – das offenbart dieses politische Geld – verkörpert als aparter Gegenstand ein gesellschaftliches Gewaltverhältnis, die Zugriffs- und Verfügungsmacht, die das Privateigentum ist.
3.
Der Unterschied zwischen dem Staatsgeld und dem privaten Giralgeld muss verstanden sein, ehe man sich im nächsten Schritt das tätige Ineins-Setzen beider, den Verkehr zwischen der Staatsbank und den privaten Banken erklären kann. Ganz ohne Hegel geht es nicht: Identität setzt den Unterschied voraus, sonst ist sie die witz- und gehaltlose Gleichung der formalen Logiker: A = A. Indem sich die Staatsbank zur im Prinzip unerschöpflichen Liquiditätsreserve der Privatbanken macht und deren Fähigkeit, für ihre Schulden einzustehen, untermauert, beglaubigt sie nicht nur die Zahlungsversprechen, mit denen die Banken den Zahlungsverkehr abwickeln, als vollwertigen Geldersatz; umgekehrt bindet auch die Staatsmacht das Schicksal ihres politischen Geldes an den Gang, Stand und Erfolg des privaten Kreditgeschäfts und erhebt ihre Kreation dadurch von einem – sozusagen außerökonomischen – Kommandomittel der politischen Macht zum von ihr getrennt wirksamen Träger der gesellschaftlichen Privatmacht des Eigentums: zu eigentlichem Geld. Nicht nur der Staat identifiziert durch seinen Verkehr mit den Privatbanken deren Schulden mit seinem Geld; umgekehrt beglaubigt auch das private Geschäft mit Geld und Kredit die staatliche Geldschöpfung. Beide Geldformen beruhen auf der und brauchen die spezielle Symbiose zwischen Staat und Bankkapital, von der unser Text handelt. Die Mutmaßung, wegen der Vorteile des Plastikgeldes würde der Staat vielleicht bald ganz auf sein offizielles Geld verzichten und das Geldschöpfen den Banken überlassen, die es besser können, zeugt davon, dass die Natur beider Daseinsweisen des modernen Geldes nicht verstanden ist.