Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Wahlen im Iran
Morgenröte im Orient
Vom neuen iranischen Präsidenten und seiner Liberalität schwärmt der Westen nur wegen der Ansprüche, die er an den iranischen Staat anmeldet.
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Wahlen im Iran
Morgenröte im Orient
Auch außerhalb Europas hat ein Wahlvolk die Zeichen der
Zeit verstanden, sich für den Fortschritt entschieden und
im iranischen Gottesstaat
einen Präsidenten
gewählt, der liberal
sein soll. Er hat zwar den
Schönheitsfehler, daß er hauptberuflich
Fundamentalist
ist und bleiben wird. Es ist auch
so, daß er sich liberal
nur für einen ausnimmt,
der ihn mit noch wüsteren Vertretern der schiitischen
Geistlichkeit dort vergleicht. Aber was macht das schon:
Seine Wahl zeigt den Wunsch nach mehr Freiheit
,
der im iranischen Volk eingekehrt ist. Über den macht man
sich einerseits gar nichts vor – mit Sicherheit wird
Iran keine westliche Demokratie
–, weil man
andererseits vom Wahlsieger nur wegen der Ansprüche
schwärmt, die man an seinen Staat anmeldet. Von der
Lockerung der Zensur
, dem toleranteren Umgang
mit Intellektuellen
und der Lage der Frauen
bis zur Integration des Iran in das internationale
System
und der Zivilisierung
dieses Staates
reicht die deutsche Liste der Vorbehalte, denen der neue
Präsident nachkommen soll, weil er so liberal
ist.
Daher bleibt man Realist und hofft gar nicht wirklich auf
politische Wunder im Gottesstaat
. Nüchtern und
selbstbewußt geht man davon aus, daß sich dort hinten den
deutschen Ansprüchen auf Dauer schon keiner widersetzen
wird. Das drückt man dann als Versachlichung
der
Beziehungen aus, denen man selbst absichtsvoll ihren
Tiefpunkt
beschert hatte: Zumindest aber bietet
sich die Chance, die nach dem Mykonos-Urteil auf einen
Tiefpunkt gerutschten Beziehungen zu versachlichen.