Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
„Die härteste Tarifauseinandersetzung der letzten Jahre“ – ganz im Zeichen der Krise:
Die IG Metall „entdeckt“ die leeren Taschen der Arbeitnehmer als „Konjunkturrisiko“ und bekämpft es mit einer Forderung nach 6,5% mehr Lohn
Mit einer Forderung von 6,5 Prozent macht sich die Gewerkschaft, die diesmal „Geld, Geld und nochmals Geld“ sehen will, in der Konsensrepublik unbeliebt. Das „Argument“ Kaufkraft soll die moralische Rechtfertigung liefern und den Verdacht ausräumen, es ginge ihr einfach nur ums Interesse ihrer Mitglieder.
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„Die härteste Tarifauseinandersetzung
der letzten Jahre“ – ganz im Zeichen der Krise:
Die IG Metall „entdeckt“ die leeren
Taschen der Arbeitnehmer als „Konjunkturrisiko“ und
bekämpft es mit einer Forderung nach 6,5% mehr
Lohn
Da stand die Interessenvertretung der „kleinen Leute“
kurz davor, sich einen „guten Ruf“ (SZ) in unserer Konsensrepublik zu
verdienen. Auch in vergangenen guten Konjunkturtagen hat
sie sich nicht von einer „beschäftigungsfördernden“
Tarifpolitik „mit Augenmaß“ abbringen lassen und den
ehrenwerten Berufsstand, der Arbeit gibt, wenn sich aus
ihr Kapital schlagen lässt, in seinem aufopferungsvollen
Bemühen nach Kräften unterstützt: mit langfristig
angelegten und gleich mehrjährig vereinbarten
Reallohnsenkungen. Das hat der unternehmerischen
Gewinnkalkulation die nötige Planungssicherheit
verschafft und so den Kampf um die dringend benötigten
Arbeitsplätze vom „überholten Tarifritual“ alljährlicher
Lohnanpassungsrunden entlastet. Und dann die „rohe
Botschaft“ (SZ) zum
Jahreswechsel: 6,5% mehr Lohn. Ausgerechnet im Jahre
2002, in dem wieder so was wie eine komplette Tarifrunde
auf der nationalen Tagesordnung steht und in bewährter
Manier gemeinwohldienlich abzuarbeiten wäre, läuft die IG
Metall aus dem Ruder. Sie „ist von allen guten Geistern
verlassen“, fordert glatt ein Prozent mehr als zwei Jahre
zuvor in einer Millenniums-Runde und spart sich auch noch
das Angebot, die Lohnerhöhung gegen so was wie
„Beschäftigungsaufbau“ verrechnen zu lassen. Sie handelt
– wird ihr nachgesagt – nach der Devise: Je schlechter
die Konjunktur, desto höher die Forderung
, anstatt
sich das Grundgesetz der sozialen Marktwirtschaft, dass
nämlich der Lohn immer zu hoch ist und in Krisenzeiten
erst recht, als Forderungskatalog zu Herzen zu nehmen.
Dabei liegen für den demokratisch und ökonomisch
gebildeten Sachverstand doch alle guten Erpressungsgründe
unabweisbar auf der Hand für gewerkschaftlich zu
organisierende Lohndrückerei im Namen und Auftrag der
Arbeitslosen: Der Wirtschaftsstandort „mitten in der
Rezession“; die Arbeitslosenzahlen im Aufschwung und die
Regierungspartei, die sich auf eine
arbeitnehmerfreundliche Tradition beruft, umfragemäßig im
Abschwung; also Schröder & Co. gerade im
Bundestagswahljahr dringender denn je auf die
„Wahlkampfhilfe“ einer „konjunkturfreundlichen
Tarifrunde“ angewiesen, die jedem Stimmbürger beweist,
dass nur die Sozis „die traditionell linken“
Gewerkschaften und damit den nationalen Kostenfaktor Lohn
wirksam unter Kontrolle halten können. Und eine IG Metall
ruft allen Ernstes noch eine Lohnrunde um mehr Lohn aus
und „schockiert“ die Hüter der gesamtwirtschaftlichen
Vernunft mit einer „völlig überzogenen“ Forderung, die
„jenseits aller Rituale“ die längst feststehende
Lohnleitlinie zur Rettung der Konjunktur um bis zu 4
Prozentpunkte nominell überschreitet, also um maximal
einen ganzen Prozentpunkt zu sprengen droht. Darüber kann
eine Konsensrepublik, die den berüchtigten „Klassenkampf
von unten“ seit Jahrzehnten bloß noch so kennt, dass
Tariferhöhungen nicht mal die Inflationsraten mehr
ausgleichen, nur noch den Kopf schütteln. Keine Frage
also, wer hier verwöhnt und welches Anspruchsdenken
„maßlos“ ist und deshalb in einer „harten Tarifrunde“
gefälligst zur Räson gebracht werden muss: Was ist nur
mit den Gewerkschaften los?
(SZ,
24.12.)
*
„Die letzten Tarifabschlüsse haben die Erwartungen der Kollegen und Kolleginnen nicht erfüllt. Die wollen jetzt Geld sehen.“ (IG Metall Tarifchef Peters)
Für den Vorreiter der diesjährigen Tarifbewegung führt deshalb an einer „reinen Lohnrunde“ mit „kräftigen Steigerungen“ kein Weg mehr vorbei. Das haben „diese Ganoven“ (O-Ton Schulte) namens Arbeitgeber jetzt davon, dass sie – wider besseres Handeln – ein halbes Jahrzehnt lang den unverwüstlichen Glauben deutscher Gewerkschaften geschürt haben, dass Lohnverzicht Arbeitsplätze schafft:
„So verpflichteten sich die deutschen Gewerkschaften 1996 im Bündnis für Arbeit zur Lohnzurückhaltung. Seitdem stiegen die Reallöhne kaum. Der Produktivitätsfortschritt – fast acht Prozent – wurde reserviert, um Arbeitsplätze zu schaffen. Doch es tat sich nicht viel; …der „reservierte“ Produktivitätszuwachs wurde von den Arbeitgebern nicht annähernd zugunsten neuer Arbeitsplätze ausgeschöpft, sondern zur Steigerung der Gewinne verwendet.“ (IG Metall: Direkt – Der Infodienst der IG-Metall, 14.12.)
Welcher aufgeklärte Gewerkschafter konnte das nur ahnen.
Lohnverzicht lohnt sich! – für Unternehmer „zur
Steigerung der Gewinne“. So war das nicht gemeint. Ein
Skandal! Gerade noch rechtzeitig vor der neuen Tarifrunde
von den Zwickels und ihren Rechnungsprüfern aufgedeckt.
Jetzt sind die Interessenvertreter der Arbeiter
logischerweise schwer beleidigt und von ihrem
pflichtvergessenen Tarifpartner maßlos enttäuscht. Da
haben sie sich ganz praktisch an das gehalten, was der
ihnen immer wehgeklagt hat. Dass nämlich deutsche
Unternehmer seit Jahren bloß durch ein paar Lohnprozente,
auf die die Arbeiter eigentlich locker verzichten
könnten, daran gehindert wurden, mehr von ihrem Geschäft
anzuleiern und somit mehr von diesem segensreichen
proletarischen Lebensmittel namens Arbeitsplätze zu
schaffen. Natürlich sind diese besagten Plätze für nichts
anderes gut und bestimmt, als Arbeitgeber durch
Lohnarbeit reicher zu machen. Für sie haben sie sich zu
lohnen und für sonst niemanden. Deswegen richten die
Arbeitgeber sie ein und schaffen sie massenhaft wieder
ab, wenn es am Lohnen krankt. Und rentieren tun sie sich
darüber, dass diese geschätzten Herren an ihnen
ausgiebigst arbeiten lassen, und sich so der berühmte
weltmeisterliche „Kostenfaktor Lohn“ mehr als bezahlt
macht. Die wirklichen Arbeitsplatzbesitzer steigern
laufend die Produktivität dieser Arbeit. Und den
unternehmerischen Rationalisierungserfolgen in Gestalt
der ‚vielen Arbeitslosen‘ entnimmt eine deutsche
Industriegewerkschaft, dass das „hohe Gut“ Arbeitsplatz
‚knapp‘ ist, und die Urheber der Arbeitslosigkeit deshalb
mit einer „beschäftigungsfördernden“ Tarifpolitik darin
unterstützt gehören, diesem gesellschaftlichen Mangel
abzuhelfen. Für eine IG Metall handelt es sich bei
Arbeitsplätzen und ihrer Schaffung allen Ernstes um so
was wie eine Art gemeinnütziger Stiftung zugunsten von
mittellosen Leuten, für die jeder „Tarifpartner“ Opfer zu
bringen hat. Die einen richten sie Gewinn bringend ein,
und die ausgebeutete Klasse spendet dafür das fehlende
Geld. So kommt jeder auf seine Kosten. In der Optik
dieser modernen Gewerkschaft. Die erledigt natürlich
ihren Part und schreibt sich und ihren Mitgliedern die
Einkommenseinbußen als hochgerechneten nationalen
„Beschäftigungsaufbau“ aufs Konto. Und die Arbeitgeber?
Die betreiben in den Augen der Arbeitervertretung
systematisch Missbrauch und fortgesetzte Zweckentfremdung
mit den gewerkschaftlich organisierten Lohnopfern. Die
sparen sich glatt den mühsamen Umweg über die Ausbeutung,
stecken die eingesparten Lohnkosten lieber gleich direkt
in ihre Gewinnbilanzen, anstatt erst mit dem schönen Geld
in das tarifpartnerschaftliche Stiftungsprojekt zu
investieren. Das geht zu weit. Jetzt ist die „Stimmung“
im Gewerkschaftslager dahin und die Lage entsprechend
„explosiv“. Ein weiteres Mal lässt sich die soziale
Gegenmacht nicht mehr „über den Tisch ziehen“
(Peters). Jetzt sind die
Arbeitnehmer endlich „mal dran“ und Gewerkschaften
„gezwungen, Kontra zu geben“ (DGB-Chef Schulte). Nach fünf Jahren
unbefriedigter Arbeitsplatzhoffnungen kann die notorisch
„nachlaufende Erwartungshaltung der Arbeitnehmer, der
Mitglieder und – natürlich - der
Funktionäre“ in dieser Tarifrunde nur noch mit
Geld, Geld und nochmals Geld
(Peters) bekämpft werden. Und von dieser
Marschrichtung lassen sich die gewerkschaftlichen
Genossen nicht einmal mehr von ihrem Sozi-Kanzler und
seinem Bündnis für Lohnverzicht und Inaktivität
(Peters) abbringen.
Ehrenwort.
*
Gut, die Gewerkschaft gibt sich demonstrativ belehrt. Sie muss „Kontra“ geben. Und verlangt sie jetzt womöglich den 8%-igen Vorschuss zurück, wo das mit der eindeutigen Zweckbindung ihrer Lohngeschenke nicht geklappt hat, um dann ihre eigentliche Forderung draufzutun? Weit gefehlt. Eine bekanntermaßen „radikale“ Gewerkschaft wie die IG Metall ist schließlich nicht nachtragend. Die ist ganz zukunftsorientiert, wenn sie die „nachlaufende Erwartungshaltung“ ihrer Klientel für die „reine Lohnrunde“ zusammenstellt und in 13 regionalen Tarifkommissionen herausforschen lässt, welche Forderung in einem „ökonomisch schwierigen Umfeld“ (IG-Metall) „angemessen“ und „bezahlbar“ ist:
„Die Forderungsempfehlung setzt sich zusammen aus einer Preissteigerungsrate von bis zu 2 Prozent im Jahr 2002 und einer gesamtwirtschaftlichen Produktivitätssteigerung von bis zu zwei Prozent. Es bestehe also ein kostenneutraler Verteilungsspielraum von etwa vier Prozent. Der Rest sind Umverteilung und Nachholbedarf.“ (Zwickel in IG Metall-Pressedienste 146/2001)
Die gewerkschaftlichen Tarifexperten rechnen felsenfest
mit den kommenden Verschlechterungen für die
Arbeiter durch das unternehmerische Treiben und zählen
zusammen: erstens wird für den von der Gewerkschaft
vertretenen Endverbraucher mit seinem fix gehaltenen Lohn
natürlich wieder einmal alles teurer. Zweitens dreht die
Arbeitgeberseite garantiert weiter an der
Produktivitätsschraube, also am Lohn-Leistungsverhältnis
zu Lasten der Arbeiter. Davon gehen diese
Interessenvertreter selbstverständlich aus. Mit diesem zu
Prozenten hochgerechneten proletarischen Schaden hat eine
fordernde IG-Metall dann den „kostenneutralen“
„Spielraum“ für eine flexible „Verteilung“ zusammen, die
das Kapital in jedem Fall schon mal nichts kostet. Vom
riesigen Nachholbedarf ist somit nichts weiter mehr als
ein schäbiger „Rest“ von sage und schreibe 2,5%-Pünktchen
übrig geblieben. Natürlich wird gemäß
innergewerkschaftlicher Forderungslogik dieser – leider
kostentreibende – Bestandteil nur deswegen auf den
kapitalunschädlichen Sockel draufgesattelt, um das
Forderungsvolumen so weit aufzublasen, damit am Ende
summa summarum eine bessere drei vor dem berühmten Komma
stehen kann. Jeder weiß das. Und eine
Industriegewerkschaft Metall entblödet sich trotzdem
nicht, für diese schöne Sorte „Umverteilung“ von „oben
nach unten“ noch mit einem extra guten Grund Stimmung zu
machen. Der ist zwar nicht neu im gewerkschaftlichen
Begründungskatalog, aber dafür umso aktueller, weshalb
die Gewerkschaften wild entschlossen sind, sich dieses
Mal besonders hartnäckig beim Runterhandeln anzustellen:
Die schlechten Zeiten! Nein, nicht die für Arbeiter – für
das unternehmerische Geschäft. Die leeren Taschen der
Arbeitnehmer
sind der Konjunktur
nicht mehr
länger als Risiko
(Zwickel) zuzumuten. Das haben die
volkswirtschaftlich bewanderten Tarifexperten der
Gewerkschaft nach ausführlichem Studium der nationalen
Kassenlage herausgefunden. „Radikale“ deutsche
Gewerkschaften sind wirklich konsequent radikal: Kaum
beschließt die IG Metall, dass in 2002 die lohnabhängig
Beschäftigten „endlich mal dran“ sein müssen und in einer
„reinen Lohnrunde“ ausnahmsweise mal nur an sich denken
sollen, denkt sie bei diesem großen „Kontra“ mit Geld,
Geld, und nochmals Geld
sofort wieder an das Eine: an
das „lahmende“ volkswirtschaftliche Große und Ganze und
die dafür erforderliche Gewerkschaftshilfe:
„Schluss mit der Debatte, Lohnverzicht schaffe Arbeitsplätze. Mehr Kaufkraft bedeutet höhere Nachfrage, und das wiederum kurbelt die Produktivität und somit auch den Arbeitsmarkt an.“ (IG-Vize Peters lt. Financial Times Deutschland vom 11.12.) „Die lahmende Binnenkonjunktur muss angekurbelt werden. Dazu müssen und wollen wir mit unserer Tarifpolitik einen Beitrag leisten.“ (Zwickel in IG Metall-Pressedienste 146/2001)
Kein Mensch geht arbeiten, damit sein Lohn als Kaufkraft
fungiert, Umsätze steigert und Waren mit Gewinn
versilbert; und kein Lohnarbeiter betrachtet seinen
Geldbeutel als „Wachstumsmotor“ und Durchlauferhitzer,
der einer „lahmenden Binnenkonjunktur“ und Beschäftigung
auf die Sprünge helfen muss; geschweige denn, dass er ein
Interesse daran haben könnte, mit seiner „Nachfrage“
irgendwie die „Produktivität“, und das heißt nichts
anderes, als den kapitalistischen Nutzeffekt seiner
Maloche – oder die seiner Klassengenossen –
„anzukurbeln“. Für eine moderne Gewerkschaft gibt es aber
ganz einfach keine besseren Gründe für eine Hand voll
Euros von der Gegenseite. Als schlagendes Argument für
etwas mehr Geld in Lohnarbeiterhände fällt ihr ein, dass
der Lohn als „Massenkaufkraft“ doch eine überaus
nützliche Funktion zum Unterhalt des gesamten
kapitalistischen Ladens leistet und deshalb gerade in der
Krise nicht nur als Kostenfaktor
(Zwickel) zu behandeln ist. Nähme die
Gewerkschaft ihre „Massenkaufkraft-Theorie“ auch nur
halbwegs ernst, dann wäre eine ganz andere Forderung
fällig als 6,5%, von denen schon bei der Aufstellung klar
ist, dass bestenfalls die Hälfte – „eine 3 vor dem Komma“
wird das Kampfziel sein! – herauskommt. Wenn es zur
„Ankurbelung“ einer „lahmenden Binnenkonjunktur“
wirklich, wenigstens der Gewerkschaft, auf das Geld in
Arbeitnehmerhand ankäme: Wären dann nicht gleich 10% am
Platz? Oder gleich 20% angesichts der schlechten
Konjunkturlage? Aber mit albernen „Argumenten“ sind
gescheite Forderungen nun mal nicht zu begründen; und so
richtig versucht die IG Metall das auch gar nicht erst.
Sie möchte ja bloß ihren Verhandlungspartner darum
ersuchen, den Lohn nicht nur
als Kostenfaktor zu
verbuchen, will den Arbeitgebern deren kapitalistische
Rechnungsart also gar nicht bestreiten, sondern einen
zusätzlichen Gesichtspunkt nahe legen. Und dabei macht
sie sich gar nicht vor, die Gegenseite könnte das
Eigeninteresse an Lohnsteigerungen, an das sie
appelliert, wirklich haben: Weshalb müsste sie sonst
daran appellieren?! Die Erinnerung daran, dass die
gezahlten Löhne nach der Logik des kapitalistischen
Wirtschaftskreislaufs gar keine andere Bestimmung haben
als die, in die Kassen der Unternehmer zurück zu fließen,
also nicht die entlohnten Arbeitnehmer reicher zu machen,
sondern die Bereicherung der Kapitalisten zu vollenden –
zu „realisieren“: Die Erinnerung der Gewerkschaft an
diesen marktwirtschaftlichen Zynismus ist noch nicht
einmal ein ernsthafter Appell an den Gegner und
Tarifpartner, sondern dient einem höheren moralischen
Zweck. Mit ihr will die IG Metall dem schlechten Eindruck
entgegenwirken, sie hätte womöglich die materiellen
Interessen, den puren Eigennutz ihrer Klientel also im
Auge, wenn sie auf die 3 Prozent Lohnkorrektur, die sie
tatsächlich anpeilt, 3,5% draufschlägt, um sich die mit
viel Theater abhandeln zu lassen, und dabei glatt um
zweieinhalb Prozentpunkte über den Betrag hinausschießt,
für den sie das ehrenwerte Argument der Wiederherstellung
des Status Quo vom letzten Mal ins Feld führen kann. Sie
möchte selbst den von vorneherein abgeschriebenen Teil
ihres „Forderungsvolumens“ moralisch genehmigt kriegen
und beruft sich deswegen auf eine Wahrheit, die bloß
moralisch überhaupt nichts zählt: dass die „kleinen
Leute“ mit den „leeren Taschen“, die ihnen ihre
gewerkschaftliche Lobby nach eigenem Eingeständnis mit
eingebrockt hat, als Lohn für ihre Ausnützung im Betrieb
auch noch für die Versilberung der Ergebnisse ihrer
Ausbeutung vorgesehen und verplant sind und fürs Wachstum
des Kapitals in Anspruch genommen werden. Womit zumindest
einmal mehr klargestellt wäre, wie gerecht die
radikalste aller deutschen Industriegewerkschaften den
Stellenwert des modernen Proletariers als kleines Rädchen
im Umschlag des großen Kapitals findet.
*
Und mit der Tarifpolitik macht sie sich die gesamte Konsensrepublik zum Klassenfeind.