Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Die jährliche Veröffentlichung der weltweiten Rüstungsausgaben löst humanistische Reflexe aus:
Frieden statt Krieg, Brot statt Gewehre!
Unter dem Titel: „Die Welt rüstet auf“ berichtet die „Zeitung für die Menschen des Ruhrgebiets“ (WAZ, 12.6.07) von der aktuellen Statistik über die absolute Summe und nationale Verteilung der globalen Rüstungsausgaben – sie haben die Grenze von einer Billiarde Dollar überschritten. Diesem Übel widmet das Blatt einen logisch hanebüchenen, moralisch astreinen Kommentar: „2006 war kein gutes Jahr für den Frieden. Statt friedlicher wird die Welt brutaler. Was nützt es, darauf zu verweisen, dass weltweit 850 Millionen Menschen hungern? Dass pro Jahr 80 Dollar genügen würden, einer Familie das Überleben zu sichern – ein Klacks im Vergleich zu den Rüstungsausgaben. Armut und Gewalt, das gehört in globalem Maßstab zusammen. In 25 der 40 am wenigsten entwickelten Länder kam es im letzten Jahr zu gewaltsamen Konflikten. Es gibt kein Patentrezept für Frieden, doch wer Gewalt stoppen will, muss Armut bekämpfen, nicht Waffen exportieren. Gefragt sind Ideen und Geld. 2007 – ein gutes Jahr für den Frieden?“
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Systematischer Katalog
Die jährliche Veröffentlichung der
weltweiten Rüstungsausgaben löst humanistische Reflexe
aus:
Frieden statt Krieg, Brot statt Gewehre!
Unter dem Titel: „Die Welt rüstet auf!“ berichtet die „Zeitung für die Menschen des Ruhrgebiets“ (WAZ, 12.6.07) von der aktuellen Statistik über die absolute Summe und nationale Verteilung der globalen Rüstungsausgaben – sie haben die Grenze von einer Billiarde Dollar überschritten. Diesem Übel widmet das Blatt einen logisch hanebüchenen, moralisch astreinen Kommentar.
„2006 war kein gutes Jahr für den Frieden. Statt friedlicher wird die Welt brutaler. Was nützt es, darauf zu verweisen, dass weltweit 850 Millionen Menschen hungern? Dass pro Jahr 80 Dollar genügen würden, einer Familie das Überleben zu sichern – ein Klacks im Vergleich zu den Rüstungsausgaben. Armut und Gewalt, das gehört in globalem Maßstab zusammen. In 25 der 40 am wenigsten entwickelten Länder kam es im letzten Jahr zu gewaltsamen Konflikten. Es gibt kein Patentrezept für Frieden, doch wer Gewalt stoppen will, muss Armut bekämpfen, nicht Waffen exportieren. Gefragt sind Ideen und Geld. 2007 – ein gutes Jahr für den Frieden?“
Apropos Rüstung, da fällt dem Autor doch gleich der
Hunger in der Welt ein, den man mit den vielen schönen
Rüstungsmilliarden stillen könnte. Und sogar billiger
wär’s. Wie? Mit den 1000 Milliarden könnte man mehr
Hunger stillen als Kriege führen? Was für ein Vergleich!
Der Kommentator meint ihn bierernst, bezieht den globalen
Rüstungsaufwand und die unterlassene Bekämpfung der Armut
gleichermaßen auf das Ziel des edlen Friedens und
vergleicht die Kriegsvorbereitung als ein schlechtes
Mittel, ihn zu sichern, mit der Armutsbekämpfung als
nicht nur netteres, sondern vor allem weitsichtigeres
Mittel für denselben Zweck. Denn Armut und Gewalt, das
gehört in globalem Maßstab zusammen
.
Den Zusammenhang von Gewalt und Armut kennt er nur verkehrt herum: Bei ihm machen nicht Rüstung und Krieg die betroffene Bevölkerung arm, sondern es ist die Armut der Armen, die Krieg verursacht; was aus dem Faktum von bewaffneten Konflikten in wenig entwickelten Staaten offenbar überzeugend hervorgeht. Der kleine Zynismus, dass unser Humanist die Ernährung der Armen vor allem als ein Mittel empfiehlt, die Sicherheitsbedrohung zu entschärfen, die sie darstellen, fällt schon kaum mehr ins Gewicht, angesichts dessen, dass er auch noch Täter und Opfer der Kriege in den armen Ländern verwechselt: Vermutlich wird ihm bekannt sein, dass die Waffen, die da zum Einsatz kommen, nicht gerade von denen gekauft werden, die sich nicht einmal Nahrungsmittel kaufen können; geschweige denn, dass sie in deren Interesse zum Einsatz kämen. Aber ein Menschfreund, der einer aufrüstenden Staatenwelt den Hunger als Kriegsgrund und die Hungerhilfe als Sicherheitspolitik ans Herz legen will, darf einfach nicht unterscheiden zwischen den Elenden in den kaputten Ländern des Südens und den Warlords, die dort Krieg und Bürgerkrieg um die letzten Reichtumsquellen führen.
Aus demselben Grund fallen ihm gerade diese Konflikte
ein, wenn er auf die Liste der globalen Rüstungsausgaben
blickt. Aus dieser Liste folgt das nämlich nicht; in ihr
rangieren die am wenigsten entwickelten Länder
ganz weit hinten. Eine Handvoll mächtiger Staaten führt
mit weitem Abstand nicht nur bei Waffenproduktion und
Waffenhandel, sondern auch beim Einsatz des
Tötungsgeräts. Die größten Militärmächte und die größten
Kriege der Gegenwart fallen dem Rüstungskritiker einfach
nicht ein. Sie geben nichts her für seine frohe Botschaft
von der Friedenspolitik per Armutsbekämpfung. Deshalb
wohl erscheinen sie ihm vernachlässigbar. Aber auch, weil
er Aufbau und Einsatz der Kriegsmittel der Großmächte als
notwendige Sicherheitspolitik durchgehen lässt, die es,
schlimm wie die Welt ist, auf der Seite
verantwortungsbewusster großer Staaten nun einmal
braucht. Kritisch wird er nicht gegen deren himmelhoch
überlegenen Gewaltapparat, sondern erst, wenn er einen
verantwortlichen Umgang damit vermisst. Tatsächlich, auch
die weltgrößten Waffenproduzenten und Besitzer laden
Schuld auf sich; dann nämlich, wenn sie ihre potenten
Geräte nicht für sich behalten, sondern in die armen
Länder exportieren, wo sie Unheil anrichten und
Kriegsparteien ausstatten, für deren
Sicherheitsinteressen der Mann von der Westdeutschen nun
überhaupt keinen guten Grund gelten lässt. So spricht er
ausgerechnet die großen Militärmächte und
Waffenexportnationen als die berufenen Hoffnungsträger
für Kriegsopfer und Arme in der Dritten Welt an;
jedenfalls könnten/sollten/müssten sie das sein: Es wäre
an den reichen, die Welt beherrschenden Großmächten, die
Gewalt zu stoppen
, indem sie Armut bekämpfen,
nicht Waffen exportieren
. In ihren Rüstungshaushalten
hätten sie die Geldmittel dafür, und ihr Monopol an
Waffentechnologien aller Art könnten sie zum Guten
verwenden, indem sie den minderbemittelten Elendsregenten
das Schießgerät vorenthalten.
Bekanntlich denken die Großmächte, an denen die Welt
genesen könnte, nicht daran, die edle Mission zu
erfüllen. Dem könnte unser Kommentator ja entnehmen, dass
sie andere Zwecke haben und ihr Einfluss auf die Welt
anderen Aufträgen genügt, als er ihnen erteilen möchte.
Tatsächlich täuscht er sich da gar nicht. Er fragt
rhetorisch: Was nützt es ...
, konstatiert also,
dass kein Schwein auf ihn hört. Und dass 2007 ein
gutes Jahr für den Frieden
wird, mag er selbst nicht
glauben. Dennoch lässt er nicht davon ab, seinem Staat
und anderen Mächten das Weltverbessern als den
eigentlichen Auftrag ins Stammbuch zu schreiben,
an dem sie scheitern. Ein Übergang zu einer
objektiven Ermittlung von Zwecken und Mitteln der
bewaffneten Weltpolitik ist das letzte, wozu der Humanist
aus der Zeitungsredaktion zu gewinnen wäre.
Noch einmal: Was nützt es
angesichts von einer
Billiarde Dollar für Waffen darauf zu verweisen, dass
weltweit 850 Millionen Menschen hungern?
Das eben! In
Form einer Klage darüber, dass er selbst kaum mehr an die
guten Absichten seiner Regierung glauben kann, hält er
diesen Glauben in Kurs. Zum jährlichen Bericht über die
Aufwendungen für Tötungstechnologie gehört eben einer,
der mahnt, das Gute nicht zu vergessen.