Auch das Königreich Marokko ist gefragt
Mehr Demokratie wagen – für Amerikas Weltordnung und/oder die Rettung der marokkanischen Monarchie

Auch Marokko ist für Amerika ein Teil des „Großen Mittleren Ostens“ und damit Objekt des Demokratisierungsfeldzugs, der ihn ein für alle Mal sanieren soll. Auf der aktuellen geopolitischen Landkarte, in welcher der US-Präsident Freund-, Problem- sowie Feindstaaten und damit die fälligen Korrekturen an der bestehenden Welt-Gewaltordnung eingetragen hat, firmiert das Land als westlicher Flügel eines „Krisenbogens“ namens BMENA („Broader Middle East and North Africa“).

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Auch das Königreich Marokko ist gefragt
Mehr Demokratie wagen – für Amerikas Weltordnung und/oder die Rettung der marokkanischen Monarchie

Auch Marokko ist für Amerika ein Teil des „Großen Mittleren Ostens“ und damit Objekt des Demokratisierungsfeldzugs, der ihn ein für alle Mal sanieren soll. Auf der aktuellen geopolitischen Landkarte, in welcher der US-Präsident Freund-, Problem- sowie Feindstaaten und damit die fälligen Korrekturen an der bestehenden Welt-Gewaltordnung eingetragen hat, firmiert das Land als westlicher Flügel eines „Krisenbogens“ namens BMENA („Broader Middle East and North Africa“), der im Osten bis nach Pakistan reicht. Die dort angesiedelten Herrschaften haben die Wahl: Wollen sie sich am Ex- bzw. Import der Freiheit beteiligen oder sich verweigern? Und der oberste Regent des marokkanischen Staatswesens hat sich entschieden: Er will sich der unmissverständlichen Einladung der Weltmacht nicht verschließen. Im Gegenteil: Er bietet sich nachhaltig an, als eigenständiger Partner freilich, der nicht auf Amerikas Direktive gewartet hat, sondern ganz und gar freiwillig für die nötigen Reformen bei sich zu Hause sorgt.[1] Das findet der US-Präsident gut. Er hat keine Vorurteile, nur weil sein Partner Mohamed VI heißt und ein König ist, der in dynastischer Erbfolge an die Macht gelangte, dort auch bleiben will und bereits einen Thronfolger für später in Reserve hält. Tatsächlich genießt der „junge König“ von Marokko inzwischen bei der erfolgreichsten Demokratie der Welt den Ruf einen leuchtenden Vorbilds und besonders brauchbaren Bündnispartners. Womit hat er das verdient?

Aktivposten bei der Terroristenjagd

Das erste Leistung des Königtums für die Demokratie und ihre Globalisierung ist die Bereitschaft, sich dem amerikanischen Krieg gegen den Terror anzuschließen. Die „Gefahr des radikalislamischen Terrorismus“ geht, da sind sich die US-Militär- und Geheimdienstexperten sicher, zunehmend auch von Afrika aus: sei es als Nährboden, Ausgangs-, Stütz- und Rückzugspunkt von Kommandos, die Amerika(s Ordnung) angreifen; sei es als neue Front, wo „Kräfte des Terrors gegen die Alliierten der USA“ antreten und so Amerikas Sicherheit untergraben. Amerika braucht also anti-terroristische Kräfte vor Ort, die ihm zur Hand gehen. Die Qualifikation dafür hat Marokkos Regierung bereits vor 9/11 bewiesen. Erst Vater Hassan II und dann sein Sohn Mohamed VI haben schließlich nach der brutalen Eliminierung „linksradikaler und separatistischer Kräfte“ erfolgreich die Unterdrückung derjenigen moslemischen Gruppen und Bewegungen betrieben, welche das real existierende Herrschaftssystem des Königshauses nicht als die von Allah gewünschte sittliche Ordnung anerkennen. Verfassungstreu, wie Könige sind, halten sie sich an den in ihre Konstitution hineingeschriebenen Doppel-Auftrag: Wer auf dem Thron sitzt, ist oberster Exekutor der irdischen Macht und „Kommandeur aller Gläubigen“ zugleich. Dank solcher Personalunion sorgt Mohamed VI für die richtige, d.h. eine „gemäßigte“ Auslegung des Koran, welche darauf dringt, dass seine Untertanen im Glauben massenhaft Trost und eine national-moralische Identität finden, nicht aber eine Rechtfertigung für politische Unzufriedenheit, gar Opposition und Auflehnung gegen die Obrigkeit, die ihnen hauptsächlich Elend beschert. Der Islam ist Staatsreligion, kein Staatsprogramm, Innenminister, Polizei und Folterknechte sorgen dafür, dass er nicht „missbraucht“ wird.[2]

Das klare Pro, mit dem Marokkos König auf die Anfrage des US-Präsidenten nach den Anschlägen vom 11.9.2001 – ‚Für oder gegen Amerika, für oder gegen den Krieg gegen den Terror?‘ – antwortet, wird zur Grundlage einer intensiven Kooperation zwischen den amerikanischen und marokkanischen Sicherheitsdiensten: Kenntnisse, Erfahrungen, Mittel und Methoden der lokalen StaSi werden ausgenutzt, um reale oder potentielle Terroristennester, internationale Verflechtungen unter den Dschihadisten, Al-Kaida-Fans und im Ausland angesiedelte Schläferzellen aufzuspüren und unschädlich zu machen. Der Erfolg dieser Kooperation wird für Marokko um so wichtiger, als die eigenen Vasallendienste auch den marokkanischen Staat zur Zielscheibe von Anschlägen machen, Prävention also auch aus nationaler Sicht angesagt ist. Der Beweis wird bald geliefert, die Notwendigkeit eines forcierten Antiterrorismus durch den Anschlag vom 16. Mai 2003 auf ein von europäischen Geschäfts- und Kulturträgern bewohntes Viertel in Casablanca bekräftigt, mit welchem fundamental-religiöse Krieger die spanischen Irakkriegsteilnehmer und ihre marokkanischen politischen Gastgeber für den Verrat an den Werten des Islam bestrafen wollen. Das gilt ebenso für die Bombenattentate auf die Vorstadtzüge von Madrid im März 2004, an welchen vor allem gebürtige Marokkaner beteiligt sind: Erneut gerät der marokkanische Staat in die Schusslinie der Kritik seitens der demokratischen Musterstaaten – diesmal nicht, wie früher, wegen menschenrechtlich problematischer Unterdrückungsmethoden, sondern wegen zu wenig Repression gegenüber terror-verdächtigen Landsleuten. Gegen solche Zweifel an der Zuverlässigkeit gibt es wieder nur das eine Rezept: Die Zweifel praktisch widerlegen. Mohamed garantiert das Ende der „laxen Haltung gegenüber denjenigen, welche die Demokratie ausbeuten“,[3] und eskaliert die Jagd auf wirkliche oder vermeintliche Terroristen. Inzwischen sind 7000 Hinter- und Nebenmänner aus dem Verkehr gezogen. Bush weiß die Entschlossenheit der marokkanischen Obrigkeit zu schätzen – gemäß der Gleichung: Die Unterdrückung des radikalislamischen Umfelds, mit der sich der König der inneren Feinde seines Regimes entledigt, dient allemal der Sicherheit Amerikas, dem Hauptfeind aller Dschihadisten.

Mut zur Demokratisierung, die pro-amerikanisches Regieren stabilisieren soll

Dass der marokkanische Chef-Antiterrorist ein königlicher Diktator ist, spricht nicht gegen ein enges Bündnis. Vielmehr ist es seine zweite positive Eigenschaft, dass er den Staat, dem er vorsteht – vorsichtig zwar, aber unübersehbar – auf den „schwierigen Weg zur Demokratie“ befördert. Immerhin kann man im Jahr 2002 „weitgehend faire Parlamentswahlen“ beobachten, und das „trotz 61% Analphabeten unter den wahlberechtigten Bürgern“. Eine gemäßigt islamistische „Gerechtigkeitspartei“ darf sogar antreten und ordentlich Stimmen sammeln. Dass Mohamed anschließend kurzerhand den „loyalen Ex-Innenminister, Ex-Chef des staatlichen Phosphatkonzerns und königlichen Vermögensverwalter“ zum Premierminister ernennt und die wichtigsten „Souveränitätsminister“ gleich mit dazu, die anschließend aus dem Personal der alten „7-Parteien-Koalition von Rechts bis Links“ ergänzt werden, steht zwar nicht im Lehrbuch für Demokratie, ist aber durchaus verständlich. Denn die marokkanischen Parteien sind ja ohnehin bis dato wenn nicht verboten, so „vor allem Pfründeverwalter und –sicherungsvereine“, müssen also erst demokratisiert werden – und ein diesbezügliches neues Parteiengesetz, welches eine gewisse Verankerung in der Wählerbasis vorschreibt, wird derzeit vom König vorbereitet. Also nur Geduld! Man kann ferner eine Reform des Familienrechts vermelden, die sich um die „weitgehende Gleichstellung“, im demokratischen Sprachgebrauch ein Synonym für „Befreiung der Frauen“, verdient macht,[4] was im übrigen genauso für die mutige Entscheidung des Königs gilt, „eine bis dahin berufstätige junge Frau“ zu ehelichen. Die eingesetzte Korankommission hat nach jahrelangem Studium festgestellt, dass Allah die Vielweiberei an das Gebot geknüpft hat, dass der Mann seine Frauen ordentlich ernährt, was im Regelfall – schon aus Armutsgründen – die Beschränkung auf eine erfordere. Die Leitlinie der Familienreform ist paradigmatisch: Die (überkommenen) religiösen Sitten und Praktiken dürfen einer Modernisierung der Gesellschaft, sprich einer nützlichen beruflichen und staatsbürgerlichen Funktionalisierung der Untertanen, gleich welchen Geschlechts, nicht im Wege stehen. Und man kann sogar von der Einrichtung einer nationalen „Versöhnungsinstanz“ berichten, welche mit der Aufarbeitung der „bleiernen Jahre“ unter Vater Hassan und der Entschädigung der Opfer seines Regimes beauftragt ist, von denen 200 Überlebende derzeit im Fernsehen über die Missetaten ihrer Folterer (ohne Namensnennung) Auskunft geben dürfen. Dass die Kampagne nicht der Vermeidung künftiger Opfer gilt, bleibt kein Geheimnis: Das Ziel ist es, Marokko mit seiner Vergangenheit zu versöhnen und die Monarchie und die Demokratie in unserem Lande zu konsolidieren, wie der amtierende König freimütig erklärt. (Interview, El País, 16.1.05) Beweist dies nicht, dass die Verfolgung der heutigen Staatsfeinde streng rechtsstaatlich erfolgt?!

Den demokratischen Lehrmeistern in Washington entgeht natürlich nicht, dass das politische Wohlverhalten des Königs nicht so weit geht, seine göttliche Vollmacht und damit sich selbst abzuschaffen.[5] Tatsächlich versucht der Mann, eine wohldosierte Umgestaltung der rechtsförmlichen Beziehungen der Untertanen zueinander und zur Obrigkeit als ergänzendes Mittel „guten (d.h. vor allem seines) Regierens“ einzuführen. In solch einer „Demokratisierung“ sieht der monarchische Regent einen doppelten Vorteil: einen für die Effizienz seiner Herrschaft nach innen und einen anderen für eine aussichtsreichere Bewährung in der internationalen Staatenkonkurrenz, deren Aufsichtsmächte neue Ansprüche stellen. Er will die exekutive Macht seiner Monarchie – die sich bis dato auf eine vom König organisierte und kontrollierte Verwaltungs-Hierarchie bis in die dörfliche Ebene hinunter (das so genannte System Makhzen) gründet – stärken, indem er nicht nur seinen Clan, sondern auch das durch ‚echte‘ Wahlen bestellte und legitimierte Polit-Personal für die Durchsetzung seiner Richtlinien heranzieht. Er will durch die Gewährung gewisser Freiheiten für Bürger, Organisationen und öffentliche Meinungsbildner die Loyalität des Volkswillens herstellen, sichern und fördern und so die grassierende, für radikale Parolen anfällige Unzufriedenheit neutralisieren. Ein durchaus bemerkenswerter „Lernprozess“: Dafür und insofern wird selbst von einem Drittwelt-Monarchen die Demokratie geschätzt, dass politische Partizipation und dosierte Zulassung abweichender Meinungen für den sozialen Frieden, d.h. die Unterwerfung der gebeutelten Massen gut sein kann. (Dass deren materielle Lage eher für Unruhe spricht, ist den politischen Urhebern dieser „Lage“ schließlich allseits bekannt!) Von daher sind und werden auch die Grenzen der von Königs Gnaden zugestandenen demokratischen Freiheiten klar gesteckt – auch das keine Spezialität „unreifer“ Staatswesen!

Dazu gehört im Falle Marokkos selbstverständlich und vor allem die definitive Weigerung, die Bevölkerung der 1976 bis 79 annektierten „Südprovinzen“, alias ‚Republik Sahara‘, darüber abstimmen zu lassen, ob sie ihre staatliche Zukunft lieber in Marokko oder in „politischer Unabhängigkeit“ sieht. Deswegen lehnt Mohamed den von der UNO entwickelten „Baker-Plan“ strikt ab, der erst einen 5-jährigen Autonomie-Status innerhalb Marokkos und dann ein Referendum der „Saharauis“ vorsieht. Die ehemals spanische Kolonie Sahara wird als Teil des marokkanischen Territoriums und damit unveräußerliches Eigentum der Staatsgewalt definiert; diese verlangt dementsprechend nicht nur die ihr de facto zugestandene „administrative Kontrolle“ über das okkupierte, zwangsbesiedelte und gewaltsam befriedete Gebiet, sondern die völkerrechtliche Anerkennung des Wüsten- und Küstenlands samt dazu gehöriger Phosphat- und Fischressourcen als Teil des marokkanischen Vaterlands. Und es gehört zum Kalkül des Königs, dass er durch den Beweis seiner besonderen Zuverlässigkeit und Aufgeschlossenheit für Amerikas Ordnungsanliegen umgekehrt dessen Unterstützung im „Sahara-Konflikt“ gewinnen kann.

 Der zielgerichtete Einsatz demokratischer Herrschaftstechniken als Stabilisierungshilfe, wie ihn König Mohamed betreibt, ist durchaus im Sinne des amerikanischen Erfinders. Jedenfalls: wenn und solange „es“ funktioniert! Der Erfolg ist nämlich keineswegs sicher. In den und anlässlich der freien Wahlen wird ein Aufschwung von Moslembewegungen aller Couleurs manifest; das Elend in den Slums der Städte treibt die Jugend in die Arme von „Rattenfängern“, die die Grenzen der Toleranz des Staates testen; TV und Zeitungen werden königskritisch, enthüllen Vermögen und Selbstbedienung des Königshauses am Staatshaushalt; Großdemonstrationen gegen die USA samt ihrem Irakkrieg wenden sich gegen den pro-amerikanischen Kurs der Regierung. Die keineswegs konziliant gemeinte Botschaft des US-Außenministers, dass „effektive und nachhaltige Demokratisierung von innen kommen“ muss (Powell), ist in diesem Fall die Order, dass sie vom „guten Freund“ Mohamed ausgehen darf und muss, der folglich zu garantieren hat, dass auf keinen Fall die Falschen profitieren, die Demokratisierung also nicht zur Destabilisierung gerät. Deshalb geht es auch voll in Ordnung, wenn dessen Innenminister die legale und moderate islamische Gerechtigkeitspartei bei den Kommunalwahlen von 2003 „davon überzeugt“, dass sie besser nur in einem Fünftel des Landes Kandidaten aufstellt, da zu große muslimische Gewinne „dem Klima im Lande“ und speziell „dem Investitionsklima“ schaden würden – „algerische Zustände“ sollen im Keim erstickt werden! (SZ, 10.8.04) Und was die Sahara-Politik Marokkos betrifft, so gilt auch hier das Stabilitätsgebot im Sinne eines Amerika-dienlichen Friedens. Jede Lösung ist den USA recht, wenn „nur“ eine Neuauflage des Bürgerkriegs verhindert wird und erst recht eine kriegsträchtige Eskalation im Verhältnis zum algerischen Nachbarstaat, der die saharauische Befreiungsbewegung Polisario und deren Unabhängigkeitsforderung unterstützt – und der laut Washington ebenfalls für ein engeres Bündnis mit Amerika prädestiniert ist.

Bereit, den Mangel an Kapital in möglichst viele Gelegenheiten für amerikanisches Geschäft zu verwandeln

Der König kann drittens das Verdienst verbuchen, verstanden zu haben, dass ein Volk, dass gegen Terror immun ist, nicht nur freiheitliche Demokratie, sondern auch eine freie Marktwirtschaft braucht.

Damit ist nicht nur gemeint, dass ein Land, welches selbst keine profitliche Verwendung für die bei ihm lagernden oder wachsenden „natürlichen Reichtümer“ zustande bringt, selbige gefälligst auf den „globalen Märkten“ anzubieten hat, auf dass anderswo beheimatete produktive oder Handels-Kapitalisten sich ihrer frei bedienen können, um ihr Geld zu vermehren. Diese „Integration“ Marokkos ist ja schon längst gelaufen. Gemeint ist darüber hinaus inzwischen, dass ein derartiger Staat so tun muss, als könnte er bei sich zu Hause die Ergebnisse einer – nicht vorhandenen – konkurrenztauglichen nationalen Kapitalakkumulation herbeiregieren, wenn und sofern er bloß die „richtige“ Geschäftsordnung bei sich einführt. Welche das ist, wird ihm von Amerika, der Mutter allen Geschäftemachens, vorbuchstabiert – als Sachzwang und Erfolgsrezept zugleich. Und die marokkanischen Machthaber lassen sich diesen „Reformbedarf“ einleuchten, den der oberste Protektor der Weltwirtschaft George W. Bush mit einem kurzen Imperativ auf den einen Nenner bringt: Öffnet euch! Gerade ein minder bemitteltes Land,

  • das zwar die „reichsten Phosphatvorkommen der Welt“ bei sich unter dem dürren Boden hat, aber sonst nicht viel;
  • das deshalb in der IWF-Länderhitparade neben Bangladesh um den Platz 100 herum oszilliert;
  • das für das Gros seiner eigenen, 30 Mio. zählenden Bevölkerung keine rentable Verwendung weiß, umgekehrt in den Überweisungen der Arbeitsemigranten, die als Lohnsklaven in der EU dienen, die Haupteinnahmequelle besitzt, noch vor dem Posten aller Dienstleistungen, die den Touristenmassen aus Europa gewidmet sind;
  • das aus seiner Funktion als Quelle und Haupttransitland für afrikanische Wirtschaftsflüchtlinge auch kein Kapital schlagen kann, vielmehr eben deswegen und wegen des Haschischanbaus und -schmuggels, von dem 800.000 Marokkaner leben, ständig an den Pranger gestellt wird;
  • und das obendrein durch den Protektionismus der führenden Industriestaaten daran gehindert wird, Obst, Gemüse und Lederwaren außerhalb der eigenen Grenzen billig zu verscherbeln und so den spanischen, italienischen und griechischen Konkurrenten das Geschäft zu vermasseln;

ein solches Land hat und bekommt nur eine Chance: sich so attraktiv wie möglich zu machen für auswärtige Geschäftsleute, die ihre Waren überall verkaufen wollen, eventuell auch mal zum Investieren vorbeikommen und ein paar der im Übermaß vorhandenen heimischen Elendsgestalten mit billigen Arbeitsplätzen versorgen, um von dort aus die rund herum wartenden lukrativeren Märkte zu bedienen. Marokkos Königshaus nimmt von daher das amerikanische ‚Angebot‘ eines „bilateralen Freihandels“ wahr, um seine „wirtschaftliche Attraktivität“ zu verbessern. Mitte 2004 wird das Abkommen vom US-Präsidenten unterzeichnet. Der sieht darin schon wieder eine vorbildliche Aktion für den Gesamtzielraum BMENA: eine kluge Entscheidung für „das Wirtschaftswachstum Marokkos“ wie für den freien Zugriff amerikanischer Businessmen auf sämtliche Geschäftsgelegenheiten, die sich in Marokko auftun (lassen). Beides ist für Amerika ohnehin identisch.

Worin das Abkommen ein Exempel im Sinne der USA sein soll, lässt das Weiße Haus nicht im Dunkeln; als ideeller Ami-Gesamtgeschäftsmann hat die Regierung die angepeilten Zuwächse schon bis zum Kleinvieh ausgerechnet. Kostprobe:

  • „Die Zölle für 95% aller Konsum- und Industriewaren fallen sofort, die restlichen bis spätestens in 9 Jahren. Dies ist das beste Marktzugangs-Paket, das die USA je mit einem Entwicklungsland abgeschlossen haben.“
  • Die US-Farmer und Rancher werden neue Mittel gewinnen, um mit Kanada, der EU und Anderen auf Marokkos Markt zu konkurrieren. Unsere Rindfleisch- und Geflügelproduzenten werden einen neuen Zugang bekommen, der bislang verschlossen war… Fünffache Zuwächse beim Weizenexport… Mandelexport könnte sich verdoppeln. Gute Aussichten wegen signifikanter Zollsenkungen bei Hirse, Korn, Sojabohnen… Wegen sofortiger Aufhebung der Zölle bei Preiselbeeren, Pistazien, Pekan-Nüssen, Molke-Produkten, Geflügelprodukten, Pizza-Käse… Sukzessive auch bei anderen Produkten inklusive Walnüssen, Grapefruit, Birnen und Kirschen.
  • Amerikanische „Schlüssel-Dienstleistungssektoren“ erhalten Zugang: Banken, Versicherungen, andere Finanzierungsdienste … mit dem Recht, Tochtergesellschaften ohne (nicht-amerikanische) Beteiligung zu gründen.
  • Voller und nicht-diskriminierender Zugang zur Telekommunikation und zum nationalen Telecom-Netzwerk, die Regierung hat Vorsorge zu treffen, dass lokale Firmen kein Erstzugangsrecht geltend machen können.
  • „Das Abkommen fordert von Marokko, einen Schutz geistigen Eigentums auf höchstem Niveau sicher zu stellen – im Einklang mit dem US-Recht.“ (US-Regierung, Report, 2.3.04)

In Form dieses Selbstlobs auf eine gelungene Erpressung ergeht die unmissverständliche Klarstellung, dass und unter welchen Bedingungen auch in und an einem „Armenhaus“ Dollars und immer mehr Dollars zu verdienen sind – bzw. sein müssen. Kein Wunder dass nach diesem Muster die gesamte Krisen-Region zur Bereicherungsquelle der USA hergerichtet werden soll. Bis 2013 ist eine komplette „US-BMENA-Freihandelszone“ projektiert.

Und sage niemand, dass der Freihandel zu weiterer Verelendung der marokkanischen Massen führt: diese Gefahr ist (im Vertrag) berücksichtigt, also einkalkuliert, wie der US-Präsident versichert: Ein paar Feldfrüchte, von deren Verkauf marokkanische Kleinbauern leben, dürfen noch eine Zeit lang vor Billigimporten geschützt werden. Und in einem Annex zum Kapitel Arbeit ist … ein Mechanismus vereinbart, welcher das Augenmerk auf die Eliminierung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit legt. (ebd.) König Mohamed ist so gesehen wieder mal seinem selbsterfundenen Ruf als „König der Armen“ gerecht geworden: die bleiben arm und er der König.

Ein strategischer Außenposten im Dienst an amerikanischer Weltkontrolle

Das vierte Qualitätsmerkmal, dank dessen die USA den Staat Marokko zu einem echten Vorbild für die Großregion BMENA befördert haben, ist seine grundsätzliche Unterordnung unter die sicherheits-, sprich kriegspolitischen Bedürfnisse der Weltmacht. In seinem Ringen um den Status als der zuverlässige Partner der USA in Nordafrika unterstützt das Königreich – über die intensive Kooperation beim „Counterterrorism“ hinaus – die gewalttätige Vollstreckung der von Amerika definierten und verbürgten „Friedensordnung“, und zwar nicht nur politisch und nicht nur im Mittleren Osten und in Afrika. So hat es eigene Soldaten auf den Balkan entsandt, um einen militärischen Beitrag zur dortigen Nato-„Stabilisierungs“-Mission zu leisten, und seit Oktober 2004 ist ein marokkanisches Truppenkontingent sogar bei der „Befriedung“ Haitis aktiv. Materiell bedeutsamer aber ist die Bereitschaft des Landes, sich für eine strategische Nutzung durch die US-Kriegsmaschinerie zur Verfügung zu stellen.[6] Die geographische Lage des Staatswesens prädestiniert es in den Augen des Pentagon nämlich zu militärisch-logistischen Hilfsdiensten, welche die Aktionsfreiheit der US-Armee stärken:

Als ein strategischer Anker am Bogen von Afrika, Europa und arabischer Welt liegt Marokko an der Südseite der Meerenge von Gibraltar (US-Department of Defense, Report 2003/04) – so die „Analyse“; sie besagt: dieses Staatsterritorium ist für die militärischen Bedürfnisse der Weltmacht USA interessant. Und eine Obrigkeit, die den amerikanischen Eingreiftruppen „Transit“ und „Fazilitäten“ für die dauerhafte Kontrolle des westlichen Mittelmeers sowie für anfallende „weltweite Operationen“ gewährt, ist durchaus wertvoll. Ein „Host-Support-Abkommen“ berechtigt die US-Streitkräfte zur Benutzung von Häfen und Flugplätzen, es soll erweitert werden; das US-Verteidigungsministerium prüft immer mal wieder die Option eines großen Militärstützpunktes (in Marokko oder vielleicht besser in Algerien…) oder von kleineren „jump-off-points“. Die marokkanische Armee wird von den USA mit inzwischen 20 Mio. Dollar jährlich gesponsert, soweit nötig ausgerüstet, mit einem brauchbaren Kommandosystem inklusive Englisch-Unterricht für Offiziere versorgt, trainiert und so zu einem kooperationsfähigen „künftigen Koalitionspartner“ hergerichtet, der „mit den amerikanischen Werten und Militär-Praktiken vertraut ist“ (ebd.). Marokko nimmt bereits an Nato-Seemanövern im Mittelmeer teil, am „Mittelmeer-Dialog“ des Bündnisses sowieso. Es lässt sich also einbauen, je nach Bedarf. Kein Wunder, dass Präsident Bush dem „fortschrittlichen Monarchen“ Mohamed wegen seiner mustergültigen Assistenz bei der Demokratisierung der Welt erfreut auf die Schulter klopft.

Tauglich für eine Lektion Richtung Europa

Schließlich verdient der nordafrikanische Staat noch eine spezielle Auszeichnung. Sein gewissermaßen fünftes Verdienst resultiert aus der politisch-strategischen Bedeutung, die sein Land für Europa hat – genauer: aus der Bereitschaft, dieser Bedeutung zum Trotz all die aufgeführten Vasallenfunktionen für die USA zu erfüllen. Marokko ist bekanntlich, ebenso wie alle anderen Maghreb-Staaten, Objekt und Adressat eines anderen, konkurrierenden Imperialismus und von diesem auch schon ein ganzes Stück weit in Beschlag genommen. Die Europäische Union betrachtet und beansprucht selbige Region samt Inventar als ihr politökonomisches Anhängsel und als ihrer Sicherheit dienende Gegenküste – als „südliche Mittelmeeranrainer“ eben, die sich ihrer Haus- und Geschäftsordnung verpflichtet wissen. Die EU hat deshalb ein „Assoziationsabkommen“ u.a. mit Marokko abgeschlossen, Freihandelszone inklusive, die im Jahre 2010 in Kraft treten soll; der laufende „Barcelona-Prozess“ soll die südliche „Nachbarschaft“ zur Umsetzung der „notwendigen Voraussetzungen“ eines funktionalen Assoziiertenstatus erpressen. Ziel ist die eindeutige und deshalb exklusive politische Ausrichtung der Partner-Staaten auf die wachsenden Bedürfnisse des euro-imperialistischen Blocks, der sich von amerikanischer „Bevormundung“ emanzipieren will – also eine EU-Süderweiterung, die keinen Mitgliedstatus für die betreffenden Nationen vorsieht, wohl aber deren volle Instrumentalisierung.

Dieses Projekt der EU ist in den Augen der amerikanischen Regierung eine einzige Anmaßung und ein Verstoß gegen die Ordnung, welche die einzig legitime Weltordnungsmacht für diese Region vorsieht, d.h. durchsetzen will. Dass sich die EU auf Kosten der USA stärkt, einen südlichen „Hinterhof“ schafft, der amerikanischen Einfluss zurückdrängt, wird nicht hingenommen. Amerika ist für eine europäische Betreuung des europäischen Staaten-Umfelds durchaus zu haben – um von ihr ökonomisch zu profitieren und um die für seine globale Sicherheit fälligen „Lasten“ besser zu „verteilen“. Also als Beitrag zur amerikanischen ‚Neuen Weltordnung‘. In diesem Sinne statuieren die USA am Fall Marokko auch ein Exempel an die Adresse ihrer transatlantischen Partner: Sie stellen praktisch klar, dass in ihrem Programm der Demokratisierung der BMENA-Region der Kampf gegen ein Europa eingeschlossen ist, das dort eigene Einflusssphären schaffen, also seine Interessen in Konkurrenz zu Amerika einpflanzen will.[7] Der marokkanische König fungiert insofern als nützlicher Idiot dieser Klarstellung, als er ganz auf eigene Rechnung amerikanischem Geschäft freien Zugriff und amerikanischer Militärgewalt dauerhaften Zugang im designierten Assoziationsgebiet der EU verschafft.

Wenn Marokko sich für diese Rolle hergibt, so hat es seine Gründe. Es weigert sich, seine Zukunft lediglich auf die ‚Angebote‘ der Europäischen Union bzw. der Ex-Kolonialmächte Frankreich und Spanien zu setzen. Die einschlägigen Erfahrungen lehren den König, dass die nördlichen Nachbarn es an dem erwünschten „Respekt“ vor der Souveränität Marokkos fehlen lassen, statt dessen laufend Beschwerde über seine Herrschaftsausübung führen und dem Land in seiner Eigenschaft als Emigranten-, Terroristen- und Drogenquelle lauter Vorschriften und Verhaltensmaßregeln übermitteln. Angesichts von Fischereistreit, offenen Territorial„fragen“ mit Spanien wegen der Enklaven Ceuta und Melilla (auch der ‚Petersilieninsel‘, die jüngst von der spanischen Armee „befreit“ wurde), Dauerkrise wegen mangelhaftem Funktionieren als Grenzwall gegen afrikanische Wirtschaftsflüchtlinge etc. hat der Mann eine einfache Antwort parat auf die Frage, ob „die durch ein Freihandelsabkommen verstärkten Beziehungen mit den USA kompatibel sind mit einem privilegierten Verhältnis zur EU“:

„Wegen seiner speziellen geographischen und geopolitischen Lage kann Marokko nicht bloß enge Bande knüpfen mit seinen nördlichen und östlichen Nachbarn. … Wir Marokkaner sind gezwungen, nicht alle Eier in denselben Korb zu legen (soll heißen: nicht alles auf eine Karte zu setzen).“ (El País, 16.1.05)

Offensichtlich verspricht Marokkos Regent sich mehr davon, zwei Herren zu dienen und deren Konkurrenz wo möglich für sich auszunutzen.[8] Etwas Anderes als die Rolle einer von den Kalkulationen und Mitteln der führenden kapitalistischen Ordnungsmächte abhängigen Variable sieht er realistischerweise nicht für sein Staatswesen. Und gewisse Belohnungen für die Aufgeschlossenheit gegenüber amerikanischen Imperativen hat die Washingtoner Regierung in der Tat übrig: Sie hat Marokko zum „Vorzugs-Alliierten ohne Nato-Zugehörigkeit“ erklärt, erhöht Entwicklungs- und Militärhilfe, stilisiert den König zu einem „leader of reform in the region“, der die G 8 bewirten und ihr „Forum für die Zukunft“ der BMENA-Krisenregion[9] ausrichten darf; und Marokko gehört als einziges arabisches Land zu den dieses Jahr auserwählten 16 Genießern des vom Präsidenten Bush eingerichteten „Millenium-Notfonds für arme Länder“.

[1] Ich habe im März den (US-)Staatssekretär Marc Grossman … empfangen. Er kam, um mir den Plan (zur Demokratisierung der Region) vorzustellen. Ich sagte ihm als Erstes, dass wir keinen Teil des Großen Nahen Ostens bilden, dass man nicht die ganze arabische Welt in denselben Sack stecken muss, dass Marokko sich im Maghreb, in Nordafrika, befindet. Wir haben viele Gemeinsamkeiten mit unseren Freunden am Golf oder im Nahen Osten, aber wir sind nicht mit denselben Realitäten konfrontiert. Danach sagte ich ihm, dass sein Plan Reformen mit sich bringt, aber dass wir nicht auf seine Ankunft gewartet hätten, um jene (Reformen) anzugehen, die wir für nötig hielten. Mehr noch, wir haben schon viele gemacht und das ohne seinen Rat. (Mohamed VI, Interview in El País, 16.1.05)

[2] In Marokko (ebenso wie in Algerien, von wo die blutigen Schlachten mit dem Militär bekannt sind) sind es vor allem radikale Moslemgruppen, die sich Salafisten nennen (also zurück, al-salaf, „zu den – frommen – Vorfahren“ des Islam wollen) und die Notwendigkeit eines Heiligen Krieges gegen die „korrupte“ Regierung und „gottlose“ Amerikaner etc. predigen.

[3] Nach den Anschlägen von Casablanca stellt der König feierlich klar: Die Stunde der Wahrheit ist gekommen; sie kündigt das Ende der laxen Haltung gegenüber denjenigen an, welche die Demokratie ausbeuten, um die Autorität des Staates zu unterminieren, und gegenüber denen, die Ideen verbreiten, die einen fruchtbaren Nährboden darstellen, um ein Scherbengericht, Fanatismus und Zwietracht zu erzeugen. (El País, 3.10.04)

[4] Sie (die Frau) kann ihn (den Mann) hinfort selber wählen, ohne Genehmigung durch Vater oder Vormund, trägt gemeinsam mit dem Ehemann die Verantwortung für die Familie, kann sich scheiden lassen und behält danach im Regelfall die Kinder. Das koranische Recht des Mannes zur Polygamie – in der Praxis schon bisher fast bedeutungslos – wurde eingeschränkt. Ebenso wird die Möglichkeit zur einseitigen Verstoßung einer Frau an richterliche Aufsicht gebunden. (SZ, 10.8.04) Außerdem wurden bei der letzten Wahl 10% Frauen ins Parlament gewählt, wofür eine Art Quorum gesorgt hat, da die Gesellschaft in der Frauenfrage noch etwas rückständig ist gegenüber dem fortschrittlichen Willen des Königs!

[5] Das dementiert der König ja selbst freimütig: Frage: Ist es voraussichtlich so, dass Marokko sich in eine parlamentarische Monarchie europäischen Zuschnitts verwandelt?“ – Antwort: Nein. Man muss nicht das Modell der europäischen Monarchien exportieren. Wir haben unsere Besonderheiten und unsere Notwendigkeiten, die den Weg bestimmen, den wir in Zukunft gehen müssen. (El País, 16.1.2005)

[6] Marokkos traditionellerweise pro-amerikanische internationale Orientierung und seine moderate Politik bezüglich des arabisch-israelischen Konflikts verschaffen uns einen stabilen und zuverlässigen Bündnispartner. Wie der Dialog zwischen Nato und verschiedenen Nahoststaaten bestätigt, ist Stabilität in Marokko und im Maghreb von vitaler Bedeutung für unsere südeuropäischen Nato-Verbündeten. Darüber hinaus sind die militärischen Transitrechte und Möglichkeiten wichtig für eine Vielfalt von weltweiten Operationen der Vereinigten Staaten. (US-Department of Defense, 2004)

[7] Die EU versteht die Sache richtig. Was für die Amerikaner ein positives Modell für den gesamten BMENA-Raum ist, ist für sie umgekehrt ein negativer Präzedenzfall. Der Hohe Außenvertreter der EU, Solana, und der französische Außenminister Barnier kündigen am Rande des von den USA initiierten G8-„Forums für die Zukunft“ den Kampf der EU um die Oberzuständigkeit über die Südküste des mare nostrum an – als Antwort auf die Offensive Amerikas: Die europäische Hauptsorge, die auch von Javier Solana … reflektiert wurde, ist, dass die Idee von Bush nicht den sog. Prozess von Barcelona vergessen machen darf, der 1995 die Grundlagen für eine Assoziation zwischen den beiden Ufern des Mittelmeers legte. ‚Es wird ein wachsames Verhalten notwendig sein‘, damit das nicht eintritt, mahnte Barnier, ‚weil sich dort (am Nordufer, wo die EU wohnt) die Initiative und das Geld befinden‘. Deshalb wiesen sowohl er als auch Solana die Institutionalisierung solcher Foren zurück. (El País, 12.12.04) Unter dem Deckmantel der Beteiligung am Demokratisierungsprozess und mit der diplomatischen Betonung, dass dieser „von innen kommen muss“ (im Klartext: die Zurichtung der Staaten hat von Europa und nicht von Amerika auszugehen!), sollen die Zielsetzungen und Strategien der US-Regierung unterlaufen werden.

[8] Entsprechend sieht das Ideal des Königs aus: Das europäische und das amerikanische Engagement in Marokko sollten sich wechselseitig beflügeln, zum Wohle Marokkos. Auf dass im Resultat vor allem die Wertschätzung und die Gegenleistungen der EU für die dauernd stattfindenden Anpassungsleistungen wachsen: „Spanien (unter der neuen Regierung Zapatero) hat im Unterschied zu anderen Ländern nicht zu diesem (Freihandels)-Abkommen Stellung genommen, weil es sich um eine Angelegenheit der marokkanischen Souveränität handelt. Ich habe auch mit Wohlgefallen beobachtet, dass einige spanische Unternehmen einen ausgezeichneten Reflex haben: Sie investieren gegenwärtig in Marokko und benutzen das Land als Trampolin für den Zugang zum nordamerikanischen Markt. Wer wollte jedoch bezweifeln, dass die marokkanische Kultur viel mehr mediterran ist als angelsächsisch. Deswegen verstehe ich nicht, dass einige Kreise in Europa negativ überrascht sind über dieses Abkommen mit den USA. Es ist eine Initiative, welche die vorigen Abkommen, die Marokko mit der EU unterschrieben hat, ergänzt, nicht ersetzt. Wir sind ein besonderes Land, dem Prozess von Barcelona sehr verpflichtet. Schließlich sind wir nur 14 km von der Küste Europas entfernt.“ (El País, 16.1.05)

[9] Was auf diesem ‚Forum‘ außer Bekenntnissen zu Demokratisierung und Modernisierung an glorreichen Maßnahmen verabschiedet wurde: – „Internationale Finanzierung: In Anerkennung dessen, dass der private Sektor der Motor des wirtschaftlichen Wachstums und der Schaffung von Arbeitsplätzen ist, schufen die Forumsteilnehmer die International Finance Corporation’s Private Enterprise Partnership for the Middle East and North Africa facility, um kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen. Sie haben schon über 60 Mio. von den geplanten 100 Mio. Dollar zusammengetragen. Die Teilnehmer des Forums haben außerdem den Vorschlag für ein Netzwerk oder für einen Fonds begrüßt, um die Effektivität der staatlichen Finanzierung in der Region zu verbessern. – Mikrofinanzierung: In Zusammenarbeit mit der ‚Konsultativ-Gruppe zur Unterstützung der Armen‘ (CGAP) gründeten die Teilnehmer eine Mikrofinanz-Konsultativgruppe und sie werden 2005 eine technische Instanz samt Mikrofinanz-Trainingszentrum in Jordanien eröffnen. CGAP arbeitet auch mit dem Jemen und anderen Ländern in der Region daran, Mikrofinanzierungsprojekte zu entwickeln, um kleinen Unternehmern in der Region zu helfen, vor allem Frauen. – Investition: Die ‚Investment Task Force‘ (…) wird sich auf zunehmende Investitionen in der Region fokussieren, um das wirtschaftliche Wachstum anzuspornen und Jobs zu schaffen.“ – Und vor allem, dass man sich nächstes Jahr wieder treffen will, um zu schauen, wie es mit der Umsetzung bestellt ist. (US-Regierung, 11.12.04)