Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
1000 Kurden an Italiens Küste
Ein „Flüchtlingsproblem“ dient verschiedenen Interessen

Flüchtlinge – unerwünschte Folgen der globalisierten Welt / Ihre Subsumtion unter das deutsche Asylrecht / Europäische Zumutungen gegenüber der Türkei / Innereuropäischer Streit über die Zuständigkeit beim „Sichern der Außengrenze“

Aus der Zeitschrift

1000 Kurden an Italiens Küste
Ein „Flüchtlingsproblem“ dient verschiedenen Interessen

1. Bundesminister Kanther ist zuständig für die innere Sicherheit. Für die existiert nach seiner Auffassung eine grundsätzliche Bedrohung: Ausländer, die ohne ausdrückliche Zulassung des deutschen Staates nach Deutschland kommen. Das ist ein Prinzip, das er am Fall der 1000 Kurden, die um Neujahr herum an Italiens Küste anlanden, nachdrücklich klarstellt. Die Kurden sind Repräsentanten eines „Weltkonflikts“, dem sie unter Zuhilfenahme verbrecherischer Organisationen zu entgehen suchen und den sie nach Deutschland einschleppen:

„Man werde es nicht ertragen, daß sich ‚die nächste illegal und verbrecherisch organisierte Wanderungsbewegung wegen Weltkonflikten erneut in Deutschland in illegaler Zuwanderung abspielt.‘“ (SZ, 7.1.98)
„Wir haben nicht vor, weitere Weltkonflikte in Deutschland als Zwischenlösung abzuarbeiten.“ (NZZ, 7.1.98)

Armut und Todesgefahr sind keine Argumente, die diese Leute geltend machen können. Das sind ihre Bedrohungen, die sie gefälligst bei sich zu Hause „abarbeiten“ sollen. Genau genommen machen Armut und Todesgefahr sie sogar verdächtig, weil sie sich dadurch zu „illegalem“ Handeln verleiten lassen. Wenn sie sich auf den Weg nach Deutschland machen, um ihrem Elend zu entfliehen, dann sind nicht länger sie die Betroffenen, sondern sie machen Deutschland betroffen. Kanther spricht von „Weltkonflikt“ im Plural; der Augenschein zeigt ihm, daß diese „Konflikte“ Elendsgestalten in Hülle und Fülle produzieren, und sein staatsmännischer Realismus sagt ihm, daß die Zahl dieser Elendsgestalten immer weiter zunehmen wird – eines dieser „Folgeprobleme“ des Endes der Systemgegnerschaft. Irgendeine deutsche Mitverantwortung dafür geht ihn nichts an. Seine Aufgabe ist es, der „Eigeninitiative“ dieser Elendsgestalten mit Wort und Tat einen Riegel vorzuschieben: Der Zutritt zu deutschem Hoheitsgebiet ist – ohne vorherige staatliche Zustimmung – verboten; hinter dieses Verbot wird der Staat all seine Energie setzen.

Dabei geht es um Abschreckung. Es gibt Kritiker, die dem Minister eine absichtliche Übertreibung vorwerfen: Die Zahl der einströmenden Kurden sei nicht besonders hoch und eher abnehmend. Manche ziehen daraus den Schluß, er wolle „Ausländerfeindlichkeit schüren“. Alles durchschauende Zeitungskommentare, die immer die wahren Motive aufdecken, weisen darauf hin, daß es sich bei der ganzen Angelegenheit nur um „Wahlkampf“ dreht – dem Minister geht es um den Erhalt seiner Macht. Alles stimmt. Natürlich übertreibt der Mann die Zahlen, er bauscht die Kurden zu einer „Gefahr“ auf, indem er sie zielstrebig mit „Verbrechen“ in Zusammenhang bringt, und er will einem ausländerfeindlichen Volk gefallen. Aber all das paßt nicht nur, sondern ist auch zweckdienlich, nämlich für den sehr guten demokratischen Zweck, den er damit verfolgt: Die Folgen der „Weltkonflikte“, die als „Flüchtlingswellen“ zu besichtigen und erst recht zu antizipieren sind, sind von Deutschland fernzuhalten. Der Minister steht beinhart auf dem Boden der FDGO, wenn er allen, die die staatliche Unterscheidung zwischen In- und Ausländern – worauf jegliches national zivilisierte Zusammenleben beruht – aus ihren Elendsgründen heraus nicht respektieren, ihre „Illegalität“ bescheinigt. Wer sich die Zulassung eigenmächtig herausnimmt und ungebeten nach Deutschland eindringt, der vergeht sich an einem „Grundtatbestand unserer Rechtsordnung“, der überstrapaziert die demokratische Toleranz und hat mit entsprechend ungemütlichen Reaktionen zu rechnen. Dafür hat der Minister die Kurden als Fall genommen.

2. Warum die Kurden nach Deutschland kommen, liegt auf der Hand. Sie sind Opfer eines immer brutaleren Kriegs, den die Türkei mittlerweile auch im Nordirak führt, und sie wollen dort weg. Sie gehen nach Deutschland, weil sich hier die größte Kurden„kolonie“, also der Personenkreis befindet, der ihnen am ehesten hilft. Sie denken wohl auch, daß sie im deutschen Asylrecht eine Hoffnung haben.

Die Anzahl türkischer Staatsbürger auf deutschem Boden ist groß, weil Deutschland mal Bedarf an ausländischem Arbeitermaterial (zwischen Türken und Kurden wurde da nicht groß unterschieden) hatte. Das ist vorbei. Wenn jetzt noch Kurden nach Deutschland ziehen, kommen sie als Flüchtlinge und fallen als solche unter das modernisierte deutsche Asylrecht. Das bedeutet auf der einen Seite nicht, daß sie automatisch wieder abgeschoben werden. Denn zur Pflege der Beziehungen zur Türkei gehört es, daß sich Deutschland immer wieder Kritik an deren Eigenmächtigkeiten herausnimmt. Dieser Kritik pflegt Deutschland diplomatisch Ausdruck zu verleihen, indem es sich weigert, die türkische Definition des „Konflikts im Osten“ als „inneres Problem“ zu akzeptieren und die kämpfenden Kurden umstandslos zu „Terroristen“ zu erklären. Daß die Kurden für Deutschland das Material sind, an dem es seine Vorbehalte gegen den türkischen Staat ausdrückt, heißt auf der anderen Seite nicht, daß sie von Deutschland als verfolgte Minderheit aufgenommen werden. Nur im Einzel- und Ausnahmefall kommen sie in den Genuß des Asylrechts, wobei dieser Genuß insofern ziemlich eingeschränkt ist, als ihnen jede Betätigung für das Anliegen, als dessen Opfer sie anerkannt werden, zugleich untersagt ist: Die politische Organisation dieses Anliegens, die PKK, ist in Deutschland verboten.

Wenn in der Türkei der Druck auf die Kurden wächst und sich für sie die Gründe mehren, dort abzuhauen und bei der sich anbietenden Adresse Deutschland anzuklopfen, dann sieht Deutschland darin keinen Anlaß, darauf mit einer Verschärfung der Kritik an der Türkei zu reagieren. Neben und getrennt von der Lage der Kurden im Osten der Türkei betrachtet Deutschland den Zustrom von Kurden als sein Flüchtlingsproblem, dem es unter demonstrativer Nicht-Beachtung der Gründe, die zu diesem Zustrom führen, zu begegnen hat. Für die Flüchtlinge erklärt sich der Innenminister verantwortlich. Da er nur die innere Ordnung vor ihnen schützen muß, gehen ihn die politische Kalkulation des Asylrechts samt humanitärem Anstrich nichts weiter an. Und wie um die „Gesamtheit“ deutscher Grenz- und Außenpolitik zu wahren – der Außenminister sieht sich sogar zu einer leisen Kritik am Innenminister veranlaßt, damit nicht der Eindruck aufkommt, der wäre nun der Macher der deutsch-türkischen Beziehungen –, wird die Bundesanwaltschaft mit ihrer frisch gewonnenen Einsicht vorgeschickt, daß die PKK nicht mehr terroristisch, sondern nur noch „kriminell“ sei: Mit dieser „Aufwertung“ ihrer inneren Feinde wird der Türkei bedeutet, daß die verschärfte Gangart gegenüber den kurdischen Flüchtlingen nicht mit einer Milderung der Kritik an ihr zu verwechseln ist. Daß die aus diesem Verhältnis geborene „Aufwertung“ der PKK diesem Verein selbst keinerlei neue Freiheiten gewährt, geschweige denn zur Rücknahme der Strafverfolgung führt, versteht sich von selbst.

3. In Rom trifft sich die EU zu einer Konferenz, die über polizeiliche Maßnahmen gegen das „Kurdenproblem“ berät. Zu dieser Konferenz wird die Türkei hinzugeladen und erscheint auch. Der Status, den ihr diese Konferenz zuweist, ist der eines Flüchtlingsproduktionslandes. „Menschenrechtsverletzung“ und ähnliche schöne Einmischungstitel spielen in dem Zusammenhang keine Rolle.

Sachgerecht befassen sich die „Fremdenpolizeiverantwortlichen“ aus sechs besonders „betroffenen“ europäischen Staaten ganz im Sinne Kanthers mit den neuen und noch zu erwartenden Flüchtlingen als einem Ordnungsproblem: Wie kann man sie schon vor der Grenze aufgreifen und zurückschicken, wie sind sie zu überwachen und gegebenenfalls in Lager zu stecken, wenn sie den „Sprung“ geschafft haben? Den Umstand, daß gemäß der weltweit gültigen UNO-Flüchtlingskonvention jeder asylsuchende Mensch Anspruch auf eine individuelle Überprüfung hat (NZZ, 10.1.98), behandelt diese Konferenz unter dem Gesichtspunkt, daß das Asylsuchen, so gut es geht, unterbunden wird. Sie einfach aufs Meer zurückzuschicken, verbietet „die Menschlichkeit“, will heißen: Diese „Wanderungsbewegungen“ sind so gar nicht effektiv unter Kontrolle zu bringen. Dazu ist die Mitarbeit des Staates erforderlich, aus dem die Flüchtlinge verschwinden wollen. Die Türkei soll sie zurück-, damit auch die Zuständigkeit für sie auf sich nehmen; was auch für diejenigen gilt, die nicht ihre Staatsbürger sind. Es wird dafür gesorgt, daß die Flucht dort endet, wo sie begonnen hat. Der Wunsch, Not und Unterdrückung zu entkommen, wird aussichtslos gemacht. Die Türkei wird in diesem Zusammenhang als Partner bei der Regulierung von Flüchtlingsströmen in Anspruch genommen. Ihr „Krieg im Osten“ wird ihr deswegen ausnahmsweise einmal nicht vorgehalten. Die Polizeiherrschaften machen vielmehr „nur“ den „fachlichen“ Gesichtspunkt geltend, daß Europa von den Folgen dieses Kriegs verschont bleiben will; die Opfer der Türkei sind ein Grenzproblem, mit dem sich Europa nicht belasten will und für dessen Beseitigung die Türkei gefälligst zu sorgen hat bzw. sich einspannen lassen muß. Diese Anforderung kontrastiert erheblich mit dem „Kurdenproblem“, das die Türkei mit ihrer ganzen Gewalt zu „lösen“ sucht. Dazu gehört gewiß nicht, fluchtwillige Kurden zurückzuhalten. Den Standpunkt, daß das Staatsvolk zusammengehalten werden muß, läßt sie bei diesen Leuten, die potentielle oder tatsächliche Unterstützer der „Terroristen“ sind, in den Hintergrund treten; sie können verschwinden, und die Ordnungsorgane machen sich nicht die Mühe, die maroden Schiffe aufzuhalten. Diese Auffassung läßt die Konferenz jedoch nicht gelten, vielmehr macht sie der Türkei dieses Desinteresse zum Vorwurf, den sie gleich noch mit dem Verdacht garniert, die türkischen Staatsorgane würden mit den „Mafia-Banden“ in den türkischen Hafenstädten offen oder insgeheim zusammenarbeiten. Die letztlich korrekte Methode zur Behebung dieses Mißstandes hieß früher einmal „Völkergefängnis“; und genau das wird jetzt von der Türkei verlangt: Sie soll die verdächtigen Ansammlungen in einigen ihrer Städte überwachen und in welcher Form auch immer für Internierung sorgen. Es bleibt ihr überlassen, ob sie die Leute dann in die Kampfgebiete zurücktransportiert.

Auf diese Zumutungen läßt die Türkei sich ein. Sie reagiert damit auf eine Erpressung: Es ist ihr sehr wohl bewußt, daß von der rein flüchtlingsmäßigen Behandlung der „Kurdenfrage“ auf dieser Konferenz jederzeit Übergänge möglich sind zur sogenannten „politischen Dimension“, daß ihr also bei Unbotmäßigkeit wieder die Generalkritik Europas, eingekleidet in die Forderung nach einer „politischen Lösung“ des „Kurdenproblems“, präsentiert und ein Zusammenhang von „Flüchtlingsproblematik“, „Unfähigkeit zur politischen Lösung“ und bekräftigter Verweigerung der EU-Mitgliedschaft hergestellt wird, der ihr gar nicht gefällt:

„Der ohnehin schon gestörte Dialog zwischen Brüssel und Ankara dürfte sich darum in nächster Zeit noch schwieriger gestalten. In der EU zeichnet sich allmählich die Überzeugung ab, daß die Massenflucht aus der Türkei nicht aufhören wird, solange der Kurdenkonflikt ungelöst bleibt. Die Türkei müsse ihr internes Kurdenproblem regeln und dabei meine er nicht die militärische Lösung, sagte unumwunden der deutsche Außenminister Kinkel. Am Wochenende hatte der italienische Innenminister versprochen, eine internationale Initiative zu starten, um Frieden in die Region von Kurdistan zu bringen.“ (NZZ, 8.1.98)

Eine solche „Initiative“ steht schon fest in Form einer Europäischen Konferenz, die auch über Menschenschmuggel diskutieren will (SZ, 3.1.98). Da weiß die Türkei schon jetzt, wer da ins Auge gefaßt ist und welche anti-türkischen Aspekte am „Menschenschmuggel“ entdeckt werden können. So ist sie – im Vorfeld – darauf aus, die „Flüchtlingsfrage“, die in Rom im „engen“ Sinne behandelt wird, nicht zu einem Kritik- und Einmischungstitel Europas geraten zu lassen. Ihr „Hebel“, die Abtrennung beizubehalten, ist Entgegenkommen. Sie versichert, die Flüchtlinge ungeachtet der Staatsbürgerschaft zurückzunehmen und die „Schieberbanden“ zu verfolgen; sogar das Eingeständnis, deren Treiben wohlwollend betrachtet zu haben, ringt sie sich ab; kurz: Sie erklärt sich bereit, den Exodus bei sich zu stoppen. Andererseits sieht sie sich damit nicht nur in der Rolle des Befehlsempfängers. Neben dem Bemühen, eine weitere Verurteilung zu vermeiden, bietet ihr dieser Dialog mit Europa auch eine Gelegenheit, politische Statur zu beweisen und den Gegenvorwurf loszuwerden, so mancher europäische Staat hätte sich mit seinem Asylrecht, also mit seiner ungerechten Kritik an der Türkei, den Kurdenzustrom selbst eingebrockt. Mit dieser, jetzt von ihr eingeführten Variante, die Trennung von „Flüchtlingsproblematik“ und „politischer Dimension“ wieder aufzuheben, fordert die Türkei Europa zu einer umgekehrten Sicht der Dinge auf. Im eigenen Interesse soll Europa ihr bei der Bewältigung des „Kurdenproblems“ helfen; die Türkei mit diesem „Problem“ immer nur zu kritisieren, bringt Europa einer sachlichen Lösung keinen Schritt näher. Die sachliche Lösung ist die, die die Türkei im Sinn hat: Europa anerkennt den Krieg als „innertürkisches Problem“ und als „anti-terroristischen Kampf“, womit den kurdischen Kämpfern (indirekte) Unterstützung entzogen und der türkische Militäreinsatz eher zum Ziel führen wird. Hört Europa mit seiner Nerverei auf und zeigt sich solidarisch, braucht es nicht mehr so viele Kurden an seinen Grenzen abzufangen.

4. Der deutsche Innenminister nimmt mit seiner Initiative ganz Europa in die Pflicht. Das „Schengener Abkommen“ regelt die Freizügigkeit innerhalb Europas, hebt die Überwachung der nationalen Grenzen auf. Damit diese Freizügigkeit gewährleistet werden kann, muß aber die gemeinsame Außengrenze um so härter gesichert werden. Diesem Anspruch verschließen sich die europäischen Partner nicht. Sie stören sich zwar daran, vom Bonner Innenminister zum Handlanger deutscher Grenzpolitik erklärt zu werden, sehen andererseits aber auch ein, daß eben das die mit Schengen gemeinte Sache ist: Schließlich haben sie gemeinsam beschlossen, die jeweiligen nationalen Grenzen kollektiv nach außen zu verlagern.

Selbstverständlich provoziert dieser gemeinsame Beschluß, sobald er praktiziert wird, unvermeidlich den Streit, wer wem was und wieviel vorschreiben kann. Diesmal fordert ein deutscher Minister von anderen europäischen Staaten die Erfüllung der in Schengen eingegangenen Europa-Pflichten; das gemeinsame Bekenntnis zu denen produziert in seinem praktischen Vollzug aber einiges an unterschiedlichen Auffassungen zwischen den Staaten, wie die „europäische Grenzsicherung“ zu interpretieren und zu praktizieren ist. Für die Außengrenze, die Deutschland gesichert wissen will, um „sein Kurdenproblem“ in den Griff zu bekommen, ist nicht Deutschland zuständig, sondern Italien; Italien hat aber weder ein besonderes Problem mit einwandernden Kurden – eher mit einwandernden Albanern, die wiederum Deutschland ziemlich egal sind –, noch stimmt es mit der besonderen (Asylrechts-)Politik Deutschlands gegenüber der Türkei hundertprozentig überein. Die von Deutschland gewünschte Aufgeregtheit und Tatkraft legt es erst einmal nicht an den Tag. Mit der Bezeichnung „Transit-Land“ – die Kurden ziehen nach Deutschland weiter – kann es leben; außerdem habe sich Deutschland mit seiner früheren Einwanderungspolitik doch selbst zu einem gigantischen Pol der Anziehung für Kurden (Regierungschef Prodi) gemacht. Pflichtvergessenheit, was „Schengen“ angeht, läßt sich Italien aber auch nicht vorwerfen – nur die besondere deutsche Art, für ein eigenes Anliegen bedingungslosen europäischen Rückhalt einzufordern, läßt es zunächst, durchaus auch europäisch denkend, an sich abprallen. Der deutsche Innenminister interpretiert das als Renitenz und benutzt ab sofort den Begriff „Transit-Land“, als handele es sich dabei um einen Rechtsbruch. Während sich die SPD in Gestalt des niedersächsischen Innenministers Glogowski mit der Drohung profiliert, das Schengen-Abkommen zu suspendieren, beharrt Kanther darauf, daß die europäischen Partner die ihnen aus diesem Abkommen erwachsenden Pflichten zu erledigen haben, und etabliert zu Demonstrationszwecken an der deutsch-französischen Grenze am Oberrhein für ein paar Stunden ein besonderes Überwachungsregime. Andererseits wächst Italien, das als erste Anlaufstelle der Kurden seine besondere Betroffenheit bei der gemeinsamen Bewältigung der „Flüchtlingsproblematik“ geltend machen kann, eine neue „europapolitische Verantwortung“ zu. Daß die Kurden zuerst bei ihm ankommen, münzt es in sein Recht um, beim künftigen Vorantreiben der europäisch-türkischen Beziehungen, einem Schwerpunkt europäischer Außenpolitik, ein gewichtiges Wort mitzureden; z.B. mit der oben schon erwähnten „Initiative“.

So haben alle gewonnen, und die ‚Politische Union‘, die der ‚Währungsunion‘ immer so nachhinkt, ist einen Schritt weitergekommen. Davon wissen „die Verdammten dieser Erde“ nichts – aber sie kriegen es zu spüren.