Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Gutes Geld ohne Kredit I:
Die D-Mark wird offizielles Zahlungsmittel im Kosovo
Eine antiserbische Deutschmarkzone für den kleinen Zahlungsverkehr

Die Abschaffung des jugoslawischen Dinar durch die UN-Verwaltung und das Bestehen auf Bezahlung in D-Mark bedeutet, dass das Kosovo keine eigene Währung bekommt, somit nicht über Kredithoheit wie andere Staaten verfügt.

Aus der Zeitschrift
Systematischer Katalog
Länder & Abkommen

Gutes Geld ohne Kredit I:
Die D-Mark wird offizielles Zahlungsmittel im Kosovo
Eine antiserbische Deutschmarkzone für den kleinen Zahlungsverkehr

Die vereinten Nato-Streitkräfte haben ihren Krieg darum geführt, dass sich die Bundesrepublik Jugoslawien aus dem Kosovo zurückzieht, die Herrschaft über die dortigen Albaner und auch sonst alle Hoheitsrechte über ihre Südprovinz aufgibt. Das Kriegsziel wurde mit der Kapitulation erreicht: Serbien hat keinen Beamten und keinen Uniformierten mehr in dem ehemaligen Landesteil – also insgesamt nichts mehr zu melden.

Nun müssen die neuen Machthaber feststellen, dass die Abtrennung des Kosovo von Jugoslawien dennoch nicht komplett ist. Der Kriegsgegner und fortdauernde politische Feind ist im Kosovo in Form eines Hoheitssymbols immer noch präsent. Mit jedem Geldschein ist ein Stück eigentlich vertriebener jugoslawischer Souveränität vor Ort und wird beim Kaufen und Bezahlen weiterhin respektiert. Dass dieses Geld ökonomisch nicht viel hermacht in einem Landstrich, in dem mindestens zwei Drittel der Erwerbspersonen offiziell als arbeitslos gelten und es Beschäftigung nur in einer Untergrund-Wirtschaft gibt (FAZ, 21.10.), tut nichts zur Sache. Es reicht, dass bei jeder Transaktion mit dem „Jugoslawischen Dinar“ gerechnet und das Geldzeichen des Feindes anerkannt wird.

Diesen unhaltbaren Zustand behebt die Unmik mit Wirkung vom 3.9.1999: Sie trennt das Kosovo nun auch währungspolitisch von Jugoslawien ab:

„Die für die Provinz Kosovo zuständige Uno-Verwaltung hat den jugoslawischen Dinar am Donnerstag als einziges Zahlungsmittel abgeschafft und einen freien Währungswettbewerb eingeführt. Gleichzeitig sind alle Behinderungen des Devisenverkehrs und die Auflagen, die den Besitz fremder Währungen einschränken, beseitigt worden.“ (NZZ, 4.9.)

Herstellung eines freien Wettbewerbs von Währungen ist hier das eigenwillige Synonym für die Hinaussäuberung der jugoslawischen Währung. Ob es rechtsförmlich sauber ist, wenn der Chef der Unmik, Kouchner, sich dabei auf die Resolution 12444 des Sicherheitsrates beruft, … obwohl darin über eine besondere Währung für das Kosovo nichts festgelegt ist (FAZ, 4.9.), ist so eine Frage, ganz sicher aber ist es das Gegenteil einer vollen Berücksichtigung der Prinzipien der Souveränität der Bundesrepublik Jugoslawiens, wie sie Punkt 6 des Friedensplans festlegt. Denn der Erlass zielt ja geradewegs darauf, der Belgrader Souveränität über das Kosovo auch auf dem Feld der Geldsymbole ein Ende zu bereiten. Die Menschenwürde der Kosovaren ist somit in vollem Umfang wieder hergestellt: Mit dem jugoslawischen Feindgeld müssen sie sich die Hände nicht mehr schmutzig machen.

Ihre Befreiung aus der Unterdrückung durch serbische Geldscheine geht weiter als sonstwo auf der Welt, die Kosovo-Albaner bekommen nicht etwa ein neues Geld, sondern die (fast) freie Auswahl von Geldern geschenkt: Sie dürfen sich ihre Lieblingswährung heraussuchen. Verbindlich macht die internationale Protektoratsverwaltung das in jugoslawischen Zeiten inoffiziell genutzte deutsche Geld nur für ihr eigenes Kaufen und Zahlen.

„Der ursprünglich besser vertretene Dollar ist in den letzten Jahren als informelle Ersatzwährung durch die Deutsche Mark abgelöst worden. Wie… von einem Sprecher zu erfahren war, will künftig auch die Uno-Verwaltung von Kosovo in D-Mark bezahlen und abrechnen.“ (NZZ, 4.9.)

Der Bevölkerung, die alles Serbische ohnehin hasst, wird der Gebrauch des jugoslawischen Dinar nicht verboten, er wird nur ein bisschen diskriminiert, mit einer Strafgebühr belastet und so wirksam aus der Zirkulation verdrängt:

„Wir wollen den Dinar nicht verbieten, aber wir werden nicht zu seiner Verwendung ermuntern, sagte eine Unmik-Sprecherin. Wer mit Dinar bezahle, müsse dafür bei der Entrichtung von Steuern oder Gebühren an Unmik zusätzlich eine Gebühr entrichten.“ (FAZ, 4.9.)

Die Wahlfreiheit in Währungsdingen enthält zwei Festlegungen, die sich der befreite albanische Nationalismus nicht gerade gewählt haben dürfte. Erstens nämlich eine klare Absage: Dieser Schritt bedeutet, dass das Kosovo keine eigene Währung bekommt (SZ, 4.9.). Die geldpolitische Vertreibung der Serben ist von den Protektoren – zumindest vorläufig – nicht als Auftakt zu einer albanischen Staatsgründung im Kosovo gemeint; ein eigenes Geld, das eine kosovarische Behörde unter eigener Regie verwaltet, wäre aber der polit-ökonomische Start eines neuen Staates. Zweitens hat die UN-Behörde aber auch die D-Mark nicht als einziges und gesetzliches Zahlungsmittel für ihr Besatzungsgebiet verordnet, sondern lediglich ihren Gebrauch erlaubt und ihn für ihren eigenen Geldverkehr angekündigt; den Dinar hat sie nur diskriminiert, nicht verboten. Eine derartige Liberalität ist überall ausgeschlossen, wo die Währung zur Grundlage eines nationalen Kreditwesens dient; dafür muss ihr allgemeiner Gebrauch nämlich verbindlich gemacht werden. Dass sein Papiergeld genommen werden muss, ist die Basis für die Macht jedes souveränen Staates, es zu emittieren, zu vermehren und seinem nationalen Bankwesen den erforderlichen Kredit zur Verfügung zu stellen, mit dem es das Wachstum der Wirtschaft „finanziert“. In dieser Rolle ist das Geld im Kosovo offenbar nicht vorgesehen – weder bekommt das international regierte Territorium ein eigenes Geld, noch ein ausländisches gesetzliches Zahlungsmittel, auf das sich politischer Kredit gründen ließe. In der kosovarischen Deutschmarkzone ist die Rolle des Geldes von vornherein auf die eines Tauschmittels beschränkt – und auch dafür wird es nur in dem Maß zur Verfügung stehen, wie es von außen eingeführt wird: Zuerst durch die Protektoratsverwaltung selbst, die mit D-Mark ihre Unkosten bestreiten und sich die nötigen Dienste der Bevölkerung kaufen wird; dann durch die Überweisungen von im Ausland arbeitenden Landsleuten, schließlich durch Bürgerkriegsflüchtlinge, die ihre „Rückkehrhilfen“ in der deutschen Devise heimtragen werden. Diese drei Quellen entscheiden darüber, wieviel Zirkulationsmittel für den kleinen Schacher der Einheimischen ausreichen muss.