Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Neue Arbeitslosen-Zahlen aus Nürnberg
Die Herbstbelebung ist da!
Interpretation der steigenden Arbeitslosenzahlen als „Anbahnung einer Trendwende“ und die Versicherung der Politik, dass alle zuständigen Instanzen ihr Bestes tun.
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Neue Arbeitslosen-Zahlen aus
Nürnberg
Die Herbstbelebung ist da!
Anfang Oktober liegen die mit Spannung erwarteten Arbeitslosen-Zahlen für September vor: 4308097 lautet der aktuelle Stand.
Daraus folgt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die
gute: Der Herbst hält auch in diesem Jahr, was Jagoda
schon Anfang September in Aussicht gestellt hat. Die
Belebung der Konjunktur
macht sich in einem
Rückgang der Arbeitslosen um 64000 geltend – im Vergleich
zum August 97. Die schlechte Nachricht: Im Vergleich zum
September des vergangenen Jahres muß jedoch ein
Zuwachs der Arbeitslosen um 459600
registriert
werden. Das Ganze läßt sich auch umdrehen: Zwar gibt es
einen Zuwachs zum Vorjahr, aber eine Abnahme zum
Vormonat… Wie auch immer: Die Zahl ist groß, aber
relativ. Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit kann also
zusammenfassend festhalten:
„Es bahnt sich eine veränderte Lage an, allerdings kann noch nicht von einer regelrechten Trendwende gesprochen werden…“
Und woran liegt das? Im wesentlichen an dem Dilemma der
gespaltenen Konjunktur
, das wir bereits vom August
des Jahres kennen. Denn bei exakter Aufschlüsselung
stellt sich heraus:
„In den alten Ländern ging die Arbeitslosigkeit im September um 58000 auf 2,933 Millionen zurück. In den neuen Ländern sank sie dagegen nur um 5500 auf 1,375 Millionen.“
Womit ja wohl glasklar ist, daß, wenn die
Arbeitslosenzahlen im deutschen Osten genauso gesunken
wären wie in den westlichen Landesteilen, wir zwar
wahrscheinlich immer noch ein
September-Rekordniveau
zu bedauern hätten, aber
schon viel fundierter von einer regelrechten
Trendwende
sprechen könnten… Vielleicht wird’s ja was
im Oktober. Bis dahin bleibt der Trost, daß die
Nürnberger Bundesanstalt alles im Griff hat. Und zwar
sowohl was die absolute und prozentuale Berechnung der
nationalen Arbeitslosenzahlen und ihrer Veränderung
betrifft, als auch in finanzieller Hinsicht. Denn auch
wenn aufgrund der neuen Daten nun eine
Jahresarbeitslosenzahl von 4,4 Millionen statt – wie
vorausgesagt – 4,3 Millionen erwartet wird
, können
wir alle
in unserer Eigenschaft als heimliche
Bundesfinanzminister aufatmen:
„Nach Angaben der Bundesanstalt wird deshalb aber kein zusätzliches Geld aus Bonn gebraucht“.
Hoffnung spendet überdies einmal mehr der Bundeskanzler.
Der hält unverdrossen an seiner Entscheidung fest, daß
sich die Zahl der Arbeitslosen bis zum Jahr 2000
halbieren läßt. Dafür nimmt er Politik, Wirtschaft und
Gewerkschaften
in die Verantwortung, so daß
eigentlich keine nennenswerte Instanz übrigbleibt, die
dagegen sein könnte. Daß das Ziel erreichbar ist, zeigt
ein Blick in die Vergangenheit, in der auch schon mal
Arbeitsplätze entstanden
sind – warum sollte das
nicht wieder klappen? Zwar reicht dafür das
Wachstum
nicht, weiß Kohl. Aber er weiß auch Abhilfe:
„Auch strukturelle Änderungen sind nötig.“
Im November wissen wir dann, ob sie sich anbahnen…