Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Vorschläge des Europäischen Parlaments zum 5. Weltwasserforum:
Wie man erfolgreich Wasser in Geld verwandelt
Realistisch wird gleich im Ausgangspunkt in Rechnung gestellt, dass es auf der einen Seite „ärmste Bevölkerungsgruppen“ gibt, die von allen Mitteln ausgeschlossen sind, und sich ihre Existenzbedürfnisse nicht erfüllen können, noch nicht mal das „Grundbedürfnis an Wasser“; auf der anderen Seite gibt es welche, die mit ihren Finanzmitteln den Stoff besitzen, mit dem man in der Marktwirtschaft alles, also auch Wasser verfügbar macht. Da liegt die Lösung auf der Hand, die beide Seiten sinnvoll kombiniert: Die einen machen ihr Geschäft mit dem Wasser, und die anderen haben ihr Wasser.
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Vorschläge des Europäischen Parlaments
zum 5. Weltwasserforum:
Wie man erfolgreich Wasser in
Geld verwandelt
Die UNO mit ihren Untergliederungen kümmert sich um
Hunger, Völkermord und Seuchen. Auch darum, dass
fehlende Wasserversorgung und Abwasserentsorgung jährlich
8 Millionen Todesopfer fordern und dass mehr als 1
Milliarde Menschen keinen problemlosen Zugang zu
Trinkwasser zu akzeptablen Preisen haben und dass fast
2,5 Milliarden Menschen über keinerlei Abwasserentsorgung
verfügen.
(Entschließung
Europäisches Parlament, 12.3.09, daraus auch alle
folgenden Zitate.) Und wie das ihr Job ist,
bewältigt sie dieses globale Problem durch periodisches
Abhalten eines Weltwasserforums, auf dem sich
transnationale Wasserkonzerne, Staudammbauer,
Lobbyvereinigungen und andere Verantwortungsträger für
dieses gemeinsame Gut der Menschheit
treffen. Für
das diesjährige Treffen bietet das EU-Parlament mit
seiner Entschließung einen umfassenden Lösungsansatz.
Darin wird Schluss gemacht mit der ineffektiven
Entwicklungshilfe, die immer nur versickert, mit dank
Fördermitteln gebohrten Brunnen z. B., die bloß Wasser
pumpen. Stattdessen drängt das Parlament darauf,
Finanzmittel von allen möglichen Arten von Investoren
zu mobilisieren und die Finanzierung des Wassers durch
Einbindung privatwirtschaftlichen Kapitals zu
stärken
, um darüber den Zugang zu Wasser und zu
sanitären Einrichtungen für alle zu verbessern
.
Realistisch wird gleich im Ausgangspunkt in Rechnung
gestellt, dass es auf der einen Seite ärmste
Bevölkerungsgruppen
gibt, die von allen Mitteln
ausgeschlossen sind und sich ihre Existenzbedürfnisse
nicht erfüllen können, noch nicht mal das
Grundbedürfnis an Wasser
; auf der anderen Seite
gibt es welche, die mit ihren Finanzmitteln den Stoff
besitzen, mit dem man in der Marktwirtschaft alles, also
auch Wasser verfügbar macht. Da liegt die Lösung auf der
Hand, die beide Seiten sinnvoll kombiniert: Die einen
machen ihr Geschäft mit dem Wasser, und die anderen haben
ihr Wasser.
Bei der guten Idee bleibt bloß noch eine Kleinigkeit
offen: die Geldfrage, also das alles
entscheidende Recht der Finanziers auf eine
lohnende Investition, denn wo der Ertrag nicht
garantiert ist, herrscht trübe Zurückhaltung von
Investoren auf dem Wassermarkt
. Was das Wasser also
unbedingt braucht, um trinkbar zu werden, ist ein
Garantiemechanismus, um der Zurückhaltung
entgegenzuwirken
, und der findet sich darüber ein,
dass ein Preisniveau festgelegt wird
: Wenn sich
das Geschäft nicht lohnt, wird es lohnend gemacht. Das
hat den kleinen Nachteil, dass vor dem garantierten
Zugang zu Wasser
für die Armen der grundsätzliche
Ausschluss vom Wasser steht: Es gibt keins für
sie, es sei denn, sie bezahlen den festgelegten Preis des
Wirtschaftsgutes
. Der große Vorteil aber ist, dass
sie nicht mehr von der launischen Natur mit ihrer
äußerst ungleichen Wasserverteilung
abhängig sind
und mit Geld so viel Wasser haben können, wie sie Lust
haben. Fehlt freilich das Geld, bringt es die Natur des
Preises mit sich, dass sie weniger Wasser haben: Die
Liberalisierung und Deregulierung der Wasserverteilung in
den Entwicklungsländern und insbesondere in den am
wenigsten entwickelten Ländern können zu
Preissteigerungen führen, von denen die Ärmsten betroffen
sind und die ihren Zugang zum Wasser verringern.
Kaum
hilft man in der Marktwirtschaft den ärmsten
Bevölkerungsgruppen
, stellt sich heraus, dass die zu
arm sind, sich ihre Hilfe leisten zu können.
Aber auch dieses kleine Hindernis ihres grundsoliden
Wassergeschäftsplans lässt sich beheben: Es müssen
gezielt Beihilfen eingesetzt werden, insbesondere für
arme und ländliche Bevölkerungsgruppen
. Wenn die
einen das Wasser nur gegen Geld hergeben, die anderen
aber kein Geld haben, dann passt es wieder, wenn man
Letztere subventioniert. Zwar haben die Ärmsten
in
den am wenigsten entwickelten Ländern
noch immer
kein Geld, sich das Wasser leisten zu können, aber einen
Zuschuss, der ihnen in Aussicht gestellt wird.
Seinerseits darf der Privatsektor mit seiner
Kapitalkraft, seinem Know-how und der Technologie
,
der, man erinnert sich, der Wasserversorgung auf die
Sprünge helfen sollte, jetzt umgekehrt damit rechnen,
dass ihm geholfen wird – mit einem subventionierten
Wasserpreis.
Die benötigten Mittel für die Zuschüsse finden Europas
Abgeordnete praktischerweise gleich dort, wo auch die
Wassernot beheimatet ist. In den
Entwicklungsländern
ist ja der Staat ein
Hauptakteur der Wasserpolitik
, also müssen die
Regierungen Unterstützung leisten
. Doch machen sich
da die Parlamentarier nichts vor. In diesen seltsamen
Ländern wird dem Wasser kaum eine politische und
finanzielle Priorität eingeräumt
, es herrschen
ziemlich unhaltbare Zustände: Unzureichender
Rechtsrahmen ... schlechte Bewirtschaftung ... Mangel an
Transparenz ... Korruption ... Fehlen von Diskussionen
über das Preisniveau
. Deshalb muss man an die
Alternative denken und Recht wie Zuständigkeit, den
armen Familien ihre Grundbedürfnisse an Wasser
bezahlbar zu machen, auf die kommunale Ebene
verlagern, die für ihre Regelung und ihre
Bewirtschaftung am besten geeignet ist
. Mag es in
solchen Gemeinwesen auch an Ordnung in jeder Hinsicht
fehlen, vor Ort sind die Bedingungen für die
Wasserfinanzierung ganz brauchbar: Kaum betrachtet man
nämlich die armen Familien
unter dem Gesichtspunkt
lokaler Bevölkerungsgruppen
, lassen sich bei denen
genug örtliche Ersparnisse
ausfindig machen. Und
die sind nicht einfach fürs Einkaufen von Wasser gut,
sondern gehören den örtlichen Finanzmärkten
anvertraut, denn auch das braucht das Wasser: Ein
Nanokreditgewerbe, das Wassergeld bewirtschaftet und aus
örtlichen Ersparnissen Mikrokredite macht.
Für Finanzierungsfragen weiß man in Straßburg auch, wer
vor Ort die Aufsicht führen soll: Nichtstaatliche
Organisationen sollen eine Vermittlerrolle vor Ort mit
den Bevölkerungsgruppen
übernehmen und für eine
demokratische Wasserbewirtschaftung
sorgen, die
effizient, transparent und reglementiert ist.
Dann
haben die Leute vor Ort nicht nur Wasser, sondern auch
noch politisch korrektes Wasser.
Derart rationell und effektiv in Sachen
Bedürfnisbefriedigung zu sein, das kriegt echt nur der
globale Kapitalismus hin. Da steht auch dem Erreichen des
Milleniumsziels nichts mehr im Wege, bis 2015 den
Anteil der Bevölkerung ohne dauerhaften Zugang zu Wasser
zu halbieren
.